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Bilanz nach 25 Jahren Demokratie

8. May. 2015

Vor 25 Jahren trat das erste demokratisch gewählte Parlament Ungarns zu seiner konstituierenden Sitzung zusammen – ein historisches Ereignis, das im Mittelpunkt einer Gedenkveranstaltung stand. Vor diesem Hintergrund fällt die Bewertung der Zeit nach 1990 sowie der Gegenwart bei den Kommentatoren höchst unterschiedlich aus.

In Népszava weist György Sebes die Einschätzung von Ministerpräsident Viktor Orbán zurück, wonach der Regimewechsel den meisten Ungarn nur Enttäuschungen bereitet habe – und zwar bis 2010, als die gegenwärtige Regierung eine friedliche Revolution vollzogen und sich daran gemacht habe, den ursprünglichen Traum von einem „bürgerlichen Ungarn“ wahr werden zu lassen. „Die Serie der Enttäuschungen ist noch nicht vorüber“, glaubt der Kommentator aus dem linken Spektrum und orakelt abschließend: „Vielleicht ist jetzt Viktor Orbán an der Reihe.“

Im Leitartikel auf der Titelseite bezeichnet es Népszabadság als nicht hinnehmbar, dass die Organisatoren der Gedenkfeier im Parlamentsgebäude keine Abgeordneten der Sozialisten eingeladen hätten – auch nicht Parlaments-Vize István Hiller. Die Konferenz sei, darauf machen die Leitartikler aufmerksam, vom Veritas-Geschichtsinstitut sowie der Parlamentsverwaltung organisiert worden. (Das Geschichtsinstitut hatte die Regierung 2014 ins Leben gerufen – Anm. d. Red.)

Ottó Gajdics von Napi Gazdaság glaubt, dass die Bürger ihre Hoffnung auf eine bessere Zukunft jedes Mal dann verloren hätten, wenn in den vergangenen 25 Jahren die Linke Wahlen gewonnen habe. Hunderttausende Familien spürten, dass sich 2010 eine wirkliche Revolution ereignet habe und ihnen somit eine Chance eingeräumt worden sei, das kommunistische Erbe abzuschütteln. Viele seien von den unterwegs erlittenen Härten entmutigt worden, gibt der Autor zu. Doch schließt er mit den Worten: „Die Mehrheit hält durch, denn wir haben keine weiteren 25 Jahre zu vertrödeln.“