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Erster Abschnitt des Grenzzauns errichtet

17. Aug. 2015

Während die ungarische Regierung versucht, den starken Migrationsstrom um das Land herumzuleiten, scheint bei den Kommentatoren Einigkeit zu herrschen: Europa könne nicht noch mehr Einwanderer aufnehmen, ohne gleichzeitig seine Lebensweise massiv infrage zu stellen. Streit herrscht demnach lediglich in der Frage, ob dies unvermeidlich sei oder nicht.

In einem der seltenen Einträge in seinem Blog schreibt Péter Bénedek – Gründer einer kleinen konservativen Partei –, dass Ministerpräsident Viktor Orbán die Lage viel klarer einschätze als „unsere barmherzigen Liberalen“. Die echte Lösung sieht für den Autor folgendermaßen aus: Versorge die Migranten mit Essen und Trinken, schicke dann die Mehrzahl von ihnen nach Hause, mache das sie hierher lockende Menschenhändlernetz unschädlich und unterstütze den Aufbau von Marktwirtschaften in ihren Herkunftsländern. Dazu gehöre auch die Ausbildung ihrer führenden Eliten im Westen. Zudem solle man – falls nötig – nicht vor einem militärischen Eingreifen zurückschrecken, empfiehlt Bénedek, der weitgehend mit den Maßnahmen der Budapester Regierung zur Abwehr der Migranten einverstanden ist. Die Liberalen könnten sich für eine massive Einwanderung einsetzen, würden wir jedoch diese Haltung teilen, bewegten wir uns auf ein kulturell total verändertes Europa zu, behauptet Bénedek.

In Magyar Hírlap verurteilt Péter Tamáska europäische Eliten, die nach wie vor so täten, als würde nichts geschehen – und das, obgleich sich riesige von Einwanderern bewohnte städtische Areale in einer gefährlichen Art und Weise gegenüber dem Rest Europas entfremdeten. Die herrschenden Eliten dächten nicht einmal darüber nach, ob oder inwiefern die gewaltige Welle junger, aus Ländern der Dritten Welt stammender Männer aufzuhalten sei. Ganz im Gegenteil, Bundespräsident Joachim Gauck und Kanzlerin Angela Merkel riefen die Deutschen dazu auf, sie mit offenen Herzen aufzunehmen. Tamáska glaubt, dass sich die typischen Vertreter der Eliten, die davon ausgingen, dass wir uns um all unsere Brüder weltweit kümmern könnten, in einem abgrundtiefen Irrtum befänden.

In der gleichen Tageszeitung geht Zsolt Bayer noch einen Schritt weiter und fordert von Europa ein entschlossenes Vorgehen. Es habe etwas Schreckliches begonnen, so Bayer. Und dieses müsse beendet werden, koste es, was es wolle – „Waffengewalt eingeschlossen“. Sollte sich nichts ändern, werde Blutvergießen unausweichlich, prophezeit Bayer.

Zsolt Gál geht davon aus, dass einige europäische Städte in absehbarer Zukunft von einer aus Einwanderern bestehenden Mehrheit bewohnt würden. Brüssel werde die erste sein, mutmaßt der Politologe in Új Szó. In Frankreich seien 15 bis 20 Prozent der Bevölkerung nichteuropäischer Herkunft. In den vergangenen fünf Jahren seien über vier Millionen Menschen aus den Entwicklungsländern in die Erste Welt migriert. Die Vereinten Nationen erwarteten bis 2050 die Ankunft von weiteren 91 Millionen. Die Bevölkerung verschiedener EU-Mitgliedsländer werde mehrheitlich aus Einwanderern bestehen, notiert Gál und findet in dem Versuch, die Folgen zu beschreiben, keinen besseren Begriff als „undenkbar“.

In Magyar Narancs bestreitet Zoltán Balázs die Existenz eines allgemeingültigen sittlichen Gebots, das entwickelte Länder zur Aufnahme sämtlicher Migranten verpflichten würde, ohne gleichzeitig die Tugendhaftigkeit der eigenen Gesellschaften zu gefährden. Norwegen habe im vergangenen Jahr mehrere tausend Migranten deportiert und einen 30-prozentigen Rückgang der Kriminalität beobachtet. Allerdings sei dies lediglich ein Beispiel. Als Schweden in den vergangenen Jahren eine zunehmende Anzahl von Vergewaltigungen registriert habe, hätten Forscher nicht überprüfen können, ob dies ein Resultat der verstärkten Einwanderung sei oder nicht. Solange wir nichts Genaues über derartige Fakten und Ursachen aussagen könnten, so schlussfolgert Balázs, könnten wir nicht entscheiden, wie eine moralisch saubere Strategie mit Blick auf das Phänomen Migration zur Zeit aussehen würde.

In einem Leitartikel auf der Titelseite von Népszabadság wird das regierungsfreundliche Bürgereinheitsforum (CÖF) kritisiert. (Das CÖF griff den ehemaligen ungarischen Staatspräsidenten László Sólyom massiv an, weil er als freiwilliger Helfer einer katholischen Hilfsorganisation in Budapest Lebensmittel an Flüchtlinge verteilt hatte. Die NGO argwöhnte, der einstige Präsident müsse politische Intentionen gehegt und sich den Bemühungen der Regierung widersetzt haben, die durch die aktuelle Migrationswelle verursachten Schäden für Ungarn zu minimieren – Anm. d. Red.) Népszabadság vermerkt dazu, dass es das CÖF – Organisator einer Reihe von regierungsfreundlichen Märschen – versäumt habe, in die gleiche Kerbe zu schlagen, nachdem die Ehefrau des Ministerpräsidenten ein Flüchtlingsaufnahmezentrum besucht hatte. Im Übrigen hätten sowohl die Frau des Regierungschefs als auch der ehemalige Staatspräsident nur das getan, wozu sich sich aufgrund ihres Glaubens verpflichtet gefühlt hätten, konstatiert die linksliberale Tageszeitung.

In Válasz empfiehlt Szilárd Szőnyi dem CÖF, es möge sich um den Titel „dämlichste Presseerklärung des Jahres“ bewerben. Sarkastisch rät er dem Bürgereinheitsforum, bei seinem nächsten Marsch zugunsten der Regierung ein Transparent mit der Losung mitzuführen: „Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde.“

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