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Aussichten einer EU-weiten Lösung des Migrationsproblems

4. Sep. 2015

Ministerpräsident Viktor Orbán weilte am Donnerstag in Brüssel, um unter anderem mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker drängende Fragen der Migration zu erörtern. Anschließend reiste er zu einem Gipfeltreffen der Visegrád-4-Staaten nach Prag. Vor diesem Hintergrund fragen sich die Kommentatoren, ob vielleicht Hoffnung auf eine gesamteuropäische Lösung der Migrationskrise bestehe.

Ungarn mag illegale Grenzübertritte kriminalisieren und Grenztruppen stationieren, doch könne es die Migrationskrise nicht ohne eine Vereinbarung auf EU-Ebene lösen, schreibt György Sebes in Népszava. Angesichts eines fehlenden EU-Aktionsplans dürfte Ungarn auch weiterhin Ziel harscher Kritik bleiben, zumal die Regierung immer drastischere Maßnahmen ergreifen wolle, um den Zustrom von Migranten zu stoppen, sagt der linksorientierte Journalist voraus.

In einem gesonderte Bericht geht Népszava auf einen Beitrag von Ministerpräsident Orbán für die Frankfurter Allgemeine Zeitung ein. Dabei äußert das Blatt den Verdacht, dass es Orbán gar nicht um eine EU-weite Zusammenarbeit in Fragen der Migration gehe, sondern vielmehr um die Fortsetzung seines Krieges gegen die „einwanderungsfreundliche Politik der EU“. (In seinem Artikel hatte Orbán argumentiert, dass, um den freien Reiseverkehr innerhalb der EU sowie europäische Werte schützen zu können, Einwanderungsströme gestoppt werden müssten – Anm. d. Red.) Angesichts jüngster Äußerungen des Ministerpräsidenten und anderer Regierungspolitiker sei es unwahrscheinlich, dass Orbán irgendeiner EU-weiten Lösung, einschließlich Flüchtlingsquoten, zustimmen werde.

Für Gyula T. Máté von Magyar Hírlap haben die Ereignisse dieser Woche bewiesen, dass in westeuropäischen Ländern kein Interesse bestehe, Ungarn bei der Lösung dieser Migrationskrise zu helfen. Westeuropa rüge Ungarn, weil das Land Migranten die Einreise verweigere. Dabei forderten sie gleichzeitig, dass Asylsuchende in Ungarn zu bleiben hätten, beklagt der konservative Kolumnist. „Weder Brüssel noch Washington werden jemals mit den Herausforderungen belästigt, mit denen es Ungarn gerade zu tun hat“, notiert Máté.

Die EU werde keinen sinnvollen Vorschlag zum Umgang mit den von der Migration ausgehenden Herausforderungen vorlegen, gibt sich Attila Csák in Magyar Idők überzeugt. Der regierungsfreundliche Autor beschreibt das von Brüssel vorgeschlagene Quotensystem als Augenwischerei. Die verpflichtende Umverteilung von 60.000 Flüchtlingen würde nichts lösen, da allein in Ungarn in diesem Jahr mehr als 160.000 Migranten ohne Papiere Asyl beantragt hätten, erinnert Csák.

Auf Index äußert András Iván die Vermutung, dass die Aussichten auf eine Vereinbarung über Migranten-Quoten innerhalb der EU eher bescheiden seien. Es gebe mehrere EU-Mitgliedsstaaten, die die Pläne Deutschlands, Italiens und Frankreichs für eine Umverteilung der Flüchtlinge unter den EU-Staaten ablehnen würden. Mehr noch, selbst wenn die Befürworter den Plan durchdrücken sollten, ließe sich das Quotensystem kaum bis zum Jahresende ausarbeiten und in Kraft setzen. Folglich käme es sowieso zu spät, um die unmittelbare Migrationskrise zu lösen, warnt Iván.

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