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Die Migrantenkrise und das ungarische Imageproblem

10. Sep. 2015

Ein konservativer Jurist bezichtigt die EU-Staaten – darunter auch Deutschland – Ungarn zu verteufeln. Ein linksorientierter Kolumnist hingegen befürchtet angesichts der internationalen Kritik, selbst wenn sie übertrieben ausfallen sollte, einen massiven Imageschaden für Ungarn.

In Magyar Idők wirft der Experte für EU-Recht Attila Ádám Deutschland, Österreich und Großbritannien vor, „einen offenen Propagandakrieg gegen Ungarn“ zu führen. Ziel sei „das Heraufbeschwören von Konflikten zwischen Ungarn und den Migranten“. Unter Verweis auf die Migrationsdirektive der Europäischen Union erklärt Ádám, Ungarn agiere in völligem Einklang mit EU-Recht. Laut EU-Vertrag liege die Entscheidung, ob und wie viele Drittstaatsangehörige als Wirtschaftsmigranten aufgenommen würden, bei den einzelnen EU-Ländern. Zudem verlange das Unionsrecht, dass die EU-Staaten die Schengen-Grenzen schützen und Menschenhandel bekämpfen müssten.
Nach Ansicht Ádáms würden Deutschland und Österreich EU-Recht brechen, indem sie illegalen Asylsuchenden die Einreise aus Richtung Ungarn gestatteten. Dies sei eine klare Aufforderung an die Migranten, die einschlägigen Gesetze zu brechen und die Zusammenarbeit mit den ungarischen Behörden zu verweigern. Unter Verweis auf Äußerungen des chaldäischen Bischofs Amel Shamon Nona behauptet Ádám, die liberale Migrationspolitik würde eine verstärkte Einwanderung von muslimischen Bevölkerungsgruppen bewirken, deren Werte sich vom europäischen Prinzip der gleichen menschlichen Würde unterschieden.

In der Tageszeitung Népszabadság äußert András Dési die Befürchtung, dass das ungarische Image in der Welt einen ernsthaften Kratzer erlitten haben dürfte. Der linksorientierte Kolumnist verweist auf die Geschichte: In den zurückliegenden 25 Jahren hätten deutsche Politiker Ungarn immer wieder gerne dafür gelobt, dass das Land 1989 die Grenzen für die DDR-Flüchtlinge geöffnet habe. Diese Grenzöffnung habe dem globalen Image Ungarns sehr gut getan, konstatiert der Autor. Zwar werde die ungarische Regierung in der deutschen Presse verteufelt, doch selbst wenn diese Kritik etwas über das Ziel hinausschieße, dürfte das Ungarnbild erheblichen Schaden erleiden. Entscheidend sei nicht, was wir über uns selbst dächten oder wie viele Fehler und Ungerechtigkeiten sich Deutschland zu Schulden kommen ließe – wichtig sei nur, wie wir in der Welt wahrgenommen würden, hält Dési abschließend fest.

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