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Migration – der Kampf der Kulturen?

14. Sep. 2015

Publizisten beider Lager befürchten, dass die auf dem Christenum und der Aufklärung basierenden Werte der europäischen Zivilisation durch muslimische Migranten in Gefahr geraten, deren Kultur nicht mit europäischen Normen im Einklang stehe.

„Bruchlinien beginnen zu verschwimmen“, kommentiert Népszabadság in einem Bericht auf der Titelseite ein Interview von György Konrád mit der italienischen Zeitung La Repubblica. Das linksorientierte Blatt ist höchst erstaunt, dass der bekannte liberale Intellektuelle aus Ungarn tatsächlich Pläne von Ministerpräsident Viktor Orbán zur Eindämmung des Zustroms illegaler Migranten verteidigt haben sollte. (Konrád kritisiert zwar einerseits die ungarische Regierung, räumt aber im gleichen Atemzug ein, dass Orbán mit der Forderung Recht habe, wonach die Schengen-Grenzen „vor diesem Tsunami“ illegaler Einwanderer geschützt werden müssten. Darüber hinaus weist der liberale Schriftsteller von Seiten der Linken erhobene Vorwürfe zurück, denen zufolge der an der ungarischen Südgrenze gebaute Zaun dem Eisernen Vorhang ähnele. Konrád fordert mehr Verständnis für Ministerpräsident Orbán und erklärt, die muslimische Immigration stelle eine echte Besorgnis dar, die man ernst nehmen sollte. Im Gegensatz zu Deutschland müsse Ungarn gut ausgebildete Muslime nicht importieren. Wenn die ungarische Wirtschaft wachse und das Land mehr qualifizierte Arbeitskräfte benötige, sollte es auf die jenseits der Grenzen lebenden Ungarn zählen, anstatt auf Einwanderer aus der islamischen Welt, empfiehlt Konrád – Anm. d. Red.)

„Die Linken und Liberalen in Europa haben es bislang vermieden, sich ernsthaft mit der Frage auseinanderzusetzen, ob Flüchtlinge willkommen geheißen werden sollten, deren Kultur so unvereinbar mit der grundlegenden europäischen Kultur ist“, schreibt Rudolf Ungváry in Népszabadság. Der üblicherweise scharfzüngige Kritiker der Regierung, der ihr auch schon einmal vorwirft, eine Art faschistisches Regime zu etablieren, unterstreicht, dass die europäische Zivilisation auf dem Prinzip der gleichwertigen Würde basiere, während hingegen die Asylsuchenden „aus der islamischen Welt und anderen afrikanischen Kulturen stammen, wo demokratische Werte kaum existieren”.
Für Ungváry ist Europa bislang deswegen so aufgeschlossen Migranten gegenüber gewesen, weil die Neuankömmlinge aus der Mitte der europäischen Zivilisation stammten. Allerdings bringe „der Zustrom von Flüchtlingen aus der Dritten Welt die Errungenschaften der Aufklärung in Gefahr“. Ungváry interpretiert das Beispiel der westeuropäischen Staaten als Beleg dafür, dass sich Migranten aus der islamischen Welt nicht integrieren ließen. Der Hauptgrund dafür sei, dass „selbst muslimische Intellektuelle an die Überlegenheit des Islam glauben und eine Trennung von Religion und Saat ablehnen“. Weiter behauptet der Autor, dass die Muslime in Europa bald die Einführung des Scharia-Rechts fordern würden. Und mit Blick auf die geopolitische Lage merkt Ungváry an, dass der IS „Europa islamisieren“ möchte, indem er Sunniten auf den europäischen Kontinent treibe.

Auf dem Blog Látószög äußert Mária Schmidt die Vermutung, dass sich Europa bald darüber klar werden müsse, ob es zur Verteidigung seiner auf Werten des Christentums und der Aufklärung beruhenden Kultur bereit sei. Die konservative Historikern sieht Europa in einer Identitätskrise und durch post-christliche und post-nationalistische Ideologien sowie den Wohlfahrtsstaat geschwächt. Deswegen erwiesen sich die westeuropäischen Staaten als zu schwach und zu bequem, um ihre Zivilisation zu verteidigen und muslimische Einwanderer angemessen zu integrieren. In der Folge wendeten sich Einwanderer der dritten Generation dem radikalen Islam zu, der ihnen Gemeinschaft, Heiligkeit und ein sinnvolles Leben verspreche, das ihnen ein „säkulares, an Geld und Sex orientiertes westliches Weltbild“ nicht bieten könne. Weiterhin behauptet Schmidt, dass islamische Werte nicht mit westlichen – darunter Säkularisierung, Gleichberechtigung der Geschlechter sowie Privateigentum – kompatibel seien. Aus diesem Grunde müsse sich Europa entscheiden, ob es diese Werte aufgeben oder in den Kampf „gegen eine militante, missionierende muslimische Welt“ zu ihrer Verteidigung eintreten wolle, resümiert Schmidt.

Europa stehe vor dem Selbstmord, meint Robert Baranya. In Magyar Hírlap schreibt der rechtsorientierte Kommentator, falls die europäischen Länder den Zustrom von Migranten nicht unterbinden würden, dürften diese den Kontinent rasch umgestalten. Falls sich mehr Einwanderer aus der muslimischen Welt niederlassen sollten, „wird Europa bald zum Kalifat werden”, spekuliert Baranya.

„Wir stehen am Scheideweg, die Entscheidung ist eine Frage auf Leben und Tod“, gibt sich György Németh in Magyar Nemzet pathetisch. Der konservative Soziologe behauptet, dass, sollte die Massenmigration nicht gestoppt werden, „Europa bald Szenen aus Mad Max-Filmen ähneln“ werde. Sollte Europa von Muslimen und mit Unterstützung von Migration befürwortenden Liberalen „übernommen werden“, werde die europäische Zivilisation zerstört, befürchtet Németh. In einer Nebenbemerkung zitiert er den ungarisch-jüdischen Literaturnobelpreisträger Imre Kertész, der in seinem jüngsten Buch – das auch sein letztes sein soll – schreibt: Der Islam werde die Macht ergreifen und der Antisemitismus auf dem Vormarsch sein, sollte Europa seine Kultur nicht verteidigen und die Migration eindämmen.

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