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Ungarn schließt „grüne Grenze“ zu Kroatien

19. Oct. 2015

Nachdem Ungarn die Grenze – mit Ausnahme regulärer Übergänge – abgeriegelt hat, machen sich Analysten quer durch das politische Spektrum Gedanken über die Konsequenzen.

Am Freitag kündigte die ungarische Regierung die Abriegelung der „grünen Grenze“ zu Kroatien an, um nicht registrierte Migranten von einer illegalen Einreise in das Land abzuhalten. Die Entscheidung wurde getroffen, nachdem auf dem EU-Gipfel zur Flüchtlingskrise der ungarische Vorschlag abgelehnt worden war, die östlichen Grenzen Griechenlands gemeinsam zu schützen.

Die Schließung der kroatischen Grenzen werde Flüchtlinge nicht fernhalten, kommentiert Népszabadság im Leitartikel auf der Titelseite. Da Asylsuchende kaum ihren Plan aufgeben würden, nach Westeuropa zu gelangen, werde der Zaun das Migrationsproblem lediglich Ungarns Nachbarn aufbürden. Illegale Migranten würden eh nicht in Ungarn bleiben wollen, somit habe der Zaun kaum einen praktischen Nutzen, während er gleichzeitig das Land von Europa isoliere, befürchtet Népszabadság.

In Magyar Nemzet analysiert István Pataky die möglichen diplomatischen und internationalen Folgen der Abriegelung der kroatischen Grenze. Anders als im Fall des serbischen Grenzzauns werde der neue keine ernsthaften diplomatischen Folgen haben, vermutet der konservative Analyst. In den vergangenen Wochen hätten sowohl die Öffentlichkeit als auch Regierungen in ganz Europa begonnen, die Notwendigkeit einer Grenzkontrolle zu realisieren. Zudem habe die ungarische Regierung vor der Abriegelung der kroatischen Grenze diplomatische Gespräche mit allen beteiligten Staaten geführt. Da die vier Visegrád-Staaten Soldaten geschickt haben, um beim Schutz der ungarischen Grenze zu helfen, sei es unwahrscheinlich, dass Ungarn Adressat einer derartigen internationalen Aufregung werde, wie es beim Bau des Zauns an der serbischen Grenze der Fall gewesen sei. Pataky schließt dennoch nicht aus, dass der kroatische Ministerpräsident Zoran Milanović die Gelegenheit nutzen werde, um der ungarischen Regierung erneut die Stirn zu bieten (vgl. BudaPost vom 3. Oktober) in der Hoffnung, seine Unterstützung im Vorfeld der kroatischen Parlamentswahlen am 8. November ausbauen zu können.

Mitteleuropa und nur Mitteleuropa allein habe eine klare Antwort auf die Migrationskrise, schreibt Gyula T. Máté in Magyar Hírlap. Der EU-Migrationsgipfel sei ein klarer Hinweis auf Europas komplette Unfähigkeit gewesen, die Migrationskrise in den Griff zu bekommen, glaubt der konservative Kolumnist. Die europäischen Spitzenpolitiker hätten sich nicht darauf verständigen können, die türkisch-griechische Grenze zu schließen oder selbst die versprochenen drei Milliarden Euro endgültig auf den Weg zu bringen, um den Migrantenstrom aufzuhalten, erinnert Máté. Anstatt der Türkei drei Milliarden Euro anzubieten, sollte Europa besser eine gemeinsame Streitmacht einsetzen, um die Grenzen Griechenlands zu schützen und unerwünschte Migranten von der EU fernzuhalten.

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