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EU verabschiedet gemeinsame Migrationsstrategie

21. Dec. 2015

Konservative Analysten vermuten, dass sich die am Freitag vom Europäischen Rat beschlossenen Maßnahmen als unzureichend erweisen werden, um die aktuelle Krise in den Griff zu bekommen. Ihrer Ansicht nach scheut Europa noch immer vor entschlossenen Maßnahmen zur Verhinderung des sich anbahnenden Verhängnisses zurück.

In Magyar Nemzet beschuldigt István Pataky die EU-Spitzenriege, sie ginge lediglich so weit, wie es für die Beschwichtigung der europäischen Öffentlichkeit – zunehmend vom Migrationsproblem verunsichert – notwendig sei. Beispielsweise sei unklar, wie die Europäische Union ihre Außengrenzen schützen wolle, falls eines der betroffenen Länder nicht kooperieren sollte. Die Restrukturierung der gemeinsamen Grenzagentur Frontex sei auf die Monate der niederländischen Ratspräsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2016 vertagt worden. Zur Zeit sehe es so aus, als würde das Versprechen von Angela Merkel hinsichtlich einer Reduzierung des Migrantenstroms davon abhängen, inwiefern Griechenland und die Türkei zur Umsetzung dieses Versprechens bereit oder fähig seien, moniert Pataky.

Péter Farkas Zárug äußert in Demokrata die Befürchtung, dass die Europäische Union das Migrationsproblem gegen die düstere Aussicht eintausche, ihre Pforten für 75 Millionen Türken zu öffnen. Die Türkei müsse durchaus bei der Unterbringung vertriebener Syrer unterstützt werden, räumt Zárug ein und kritisiert die Haltung der übrigen Welt als jämmerlich und egoistisch, da sie – anstatt ihre eigenen Anstrengungen zu verstärken – in Wahrheit ihre Finanzhilfe für die syrischen Flüchtlinge in der Türkei, im Libanon und in Jordanien halbiert habe. In der Tat habe die Türkei die Staatengemeinschaft gewarnt, dass ihre eigene Lage untragbar geworden sei. Erst nachdem dieser Ruf ungehört verhallt sei, habe Ankara den unkontrollierten Zustrom von Migranten Richtung Europa entfesselt, betont Zárug. Im November hätten die europäischen Spitzenpolitiker türkischen Staatsbürgern die freie Einreise in die Union im Gegenzug für eine strengere Überwachung der türkischen Grenzen zugesagt, obgleich angesichts der blühenden Passfälscherindustrie in der Türkei jeder innerhalb weniger Stunden auf dem Papier zum türkischen Staatsbürger mutieren könne. Und als wäre das noch nicht genug, habe Europa der Türkei auch noch versprochen, ihren EU-Beitrittsprozess in einem Moment zu beschleunigen, in dem das politische System des Landes weiter von der Erfüllung demokratischer Beitrittskriterien entfernt sei, als zu dem Zeitpunkt, als man die entsprechenden Gespräche faktisch auf Eis gelegt habe. Zárug glaubt, dass die Öffnung der europäischen Grenzen für türkische Staatsbürger verhängnisvollen zivilisatorischen Gefahren den Weg bereite. Eine Aufnahme der Türkei in die Europäische Union würde darüber hinaus das Ende der Union in der uns bekannten Form bedeuten. Es genüge, einen Blick auf die Parallelgesellschaften muslimischer Einwanderer in Frankreich, Deutschland, Belgien oder den Niederlanden zu werfen, empfiehlt Zárug abschließend.

Der Direktor des Budapester Forschungsinstituts für Migration geht ebenfalls davon aus, dass Europa deutlich entschlossener gegen die unkontrollierte Migration vorgehen sollte, falls es das Ende des europäischen Integrationsprozesses vermeiden wolle. Auf Mandiner empfiehlt Balázs Orbán im Kern, dass Europa keine weiteren kurzentschlossenen Migranten mehr anlocken sollte. Bislang habe für sie absolut keine andere Hoffnung existiert, Europa jemals zu erreichen – außer durch eine Erstürmung. Die europäischen Spitzenpolitiker hielten ihre Grundhaltung für human, in Wahrheit allerdings hätten sie Hunderttausende von Menschen dazu angestiftet, ihr Leben zu riskieren und mehrere tausend Kilometer überwiegend zu Fuß zurückzulegen, anstatt Asyl oder den Status als Einwanderer zu beantragen. Gleichzeitig habe Europa die Notlage von jenen Millionen von Menschen ignoriert, die finanziell nicht in der Lage seien, Schlepper zu bezahlen, um die entwickeltsten Länder Europa zu erreichen. Mittlerweile sei es offensichtlich, dass die blanke Masse an Flüchtlingen eine Bedrohung für das Grundrecht auf freie und ungehinderte Bewegung der europäischen Bürger darstelle, da Schlüsselstaaten der Union verständlicherweise Grenzkontrollen eingeführt hätten. Orbán argwöhnt, dass das nächste Opfer die freie Bewegung von Arbeitskräften sein werde – ein weiteres Grundelement der europäischen Integration. Die Eingliederung der Neuankömmlinge in den Arbeitsmarkt werde wohl zwangsläufig dazu führen, dass Bewerber aus anderen Mitgliedsstaaten ferngehalten würden, glaubt der Institutsdirektor. Großbritannien suche bereits nach Wegen, um den Zustrom ausländischer Arbeitskräfte einzuschränken. London werde vermutlich Begrenzungen erlassen, als Ergebnis entweder einer Vereinbarung mit der Europäischen Union oder eines Brexit-Referendums. Weitere Schritte in Richtung Zerfall könnten Einschnitte in die Kohäsionsfonds umfassen, die in jüngster Zeit häufiger in Warnungen an die „widerspenstigen“ EU-Staaten Mittel- und Osteuropas angedeutet worden seien. In den Augen Orbáns besteht die einzige Lösung darin, potenziellen Migranten klar zu machen, dass jeder illegal in die Union Einreisende abgeschoben werde. Sogenannte Hotspots – also Überprüfungszentren – sollten außerhalb der Europäischen Union eingerichtet werden, um Mitgliedsstaaten die Aufnahme nur derjenigen zu ermöglichen, denen sie Asyl oder eine ständige Bleibe anbieten wollten. Dies sei eine einfache Lösung, doch befürchtet Orbán, dass die europäische Führungsriege möglicherweise „den Wald vor lauter Bäumen nicht sieht“.

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