Bewährungsstrafe für sozialistischen Ex-Vize-OB von Budapest
28. Jan. 2016Vor dem Hintergrund der Verurteilung des einstigen hauptstädtischen Kommunalpolitikers diskutieren linke und rechte Beobachter die weiteren Implikationen des Richterspruchs.
Am Dienstag hat das Stadtgericht Kecskemét Miklós Hagyó, den ehemaligen Vizeoberbürgermeister von Budapest, sowie fünf weitere Angeklagte wegen Veruntreuung in erster Instanz für schuldig befunden und verurteilt. Allerdings wurde der einstige sozialistische Kommunalpolitiker vom Vorwurf der Korruption freigesprochen. Hagyó, der bereits ein Jahr in Haft saß, wurde zu zwei Jahren Gefängnis auf Bewährung verurteilt. Die Bewährungszeit beträgt vier Jahre. Der Oberstaatsanwalt kündigte Berufung gegen das Urteil an.
„In diesem Fall gestaltet sich die Rechtsprechung schwierig“, kommentiert István Tanács in Népszabadság. Der linksorientierte Kolumnist wirft der Staatsanwaltschaft vor, sie habe sich illegaler Methoden bedient, um die Angeklagten unter Druck zu setzen. Der Hagyó-Prozess sei als politisches Instrument benutzt worden. So habe die gegenwärtige Rechtsregierung die Korruptionsanschuldigungen zur Schwächung der ehemaligen sozialistisch-liberalen Koalition eingesetzt, glaubt Tanács. Gleichzeitig räumt der Autor ein, dass Hagyó und andere einstige Spitzenpolitiker Budapests der Hauptstadt einen riesigen Schaden zugefügt hätten. Möglicherweise seien sie in echte Korruption verwickelt gewesen. Tanács wirft der gegenwärtigen Budapester Führung vor, kaum besser zu sein als ihre der Misswirtschaft schuldigen Vorgänger.
János Csontos hingegen empfindet das Urteil in Magyar Idők als zu mild. Indem Miklós Hagyó vom Vorwurf der Korruption freigesprochen und nur eine Bewährungsstrafe gegen ihn verhängt worden sei, lasse das Gericht wissen, dass in Ungarn selbst krasseste Fälle von Korruption ungesühnt bleiben könnten. In einer Nebenbemerkung verweist der regierungsfreundliche Analyst darauf, dass das Urteil auch der Regierungspartei schaden könnte, da das Wahlvolk zu der Schlussfolgerung gelangen könnte, dass sich die vom Fidesz gegen sozialistische Politiker erhobenen Korruptionsvorwürfe nicht belegen ließen.
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