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Erste Reaktionen auf die Brüsseler Bombenanschläge

24. Mar. 2016

Die ungarischen Kommentatoren – von unerschütterlich liberal bis zu stockkonservativ – sind sich angesichts des Terrors in der belgischen Hauptstadt vom Vortag offenbar einig: Wir sind im Krieg – und einem langen noch dazu.

Europa sei zu einer Utopie der Buchhalter geworden, lesen wir im Leitartikel von Magyar Idők, doch existierten Utopien lediglich in Büchern. „Der Löwe und das einjährige Kind werden niemals zusammen spielen.“ Wir selbst haben aus dem Kontinent einem gefährlichen Ort gemacht, sinniert Autor Levente Sitkei, denn wir haben nicht daran gedacht, unser Schießpulver trocken zu halten. Des Weiteren erkennt Sitkei einen massiven Zusammenbruch unserer rechtsstaatlichen Einstellung, was es Kleinkriminellen wie Sala Abdelsalam ermögliche, der Justiz zu entkommen und sich als der neue Osama bin Laden zu präsentieren. Der regierungsfreundliche Autor bewertet ein Frankreich höchst positiv, das einen großen Schritt gegangen sei und sich weit von Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit entfernt habe. Sitkei lobt die Franzosen dafür, dass sie nach den Pariser Terrorangriffen (vgl. BudaPost vom 16. November 2015) Einschränkungen der Privatsphäre und anderer Freiheiten weitgehend akzeptiert hätten. Die führenden Vertreter der Europäischen Union seien „bebrillte Funktionäre eines Reiches der Bürokraten“, für die die Fassade wichtiger sei als der gesunde Menschenverstand. Der Leitartikler von Magyar Idők glaubt nicht an die Chance einer gemeinsamen Lösung des Problems und ist mit Blick auf die Zukunft Europas insgesamt ziemlich pessimistisch. Alles, was wir momentan tun könnten, wäre: Defensiv bleiben, „ums Überleben kämpfen und beten“.

Es ist höchst Zeit, viele Dinge in Europa neu zu bewerten, glaubt der erfahrene Journalist Csaba Lukács. Multikulturalismus sei eine schöne Idee, doch im Zeitalter von Massenmigration und Parallelgesellschaften biete er keine Antworten auf eine Situation, in der eine der „Komponenten“ es ernst mit der Zerstörung des anderen meine, schreibt Lukács im Leitartikel von Magyar Nemzet. Es sollte mittlerweile jedem klar sein, dass sich Europa im Krieg befinde. Das sichere Europa, das uns doch so am Herzen gelegen habe, existiere nicht mehr, diagnostiziert Lukács.

Dem pflichtet András Dési in Népszabadság bei. Im Leitartikel der linksliberalen Tageszeitung konstatiert Dési, in gewisser Hinsicht befänden wir uns tatsächlich im Krieg und nach dem „Schwarzen Dienstag“ in Brüssel könnte jedem klar sein, was für einem gnadenlosen Feind die freie, demokratische Welt nunmehr gegenüberstehe. Doch Dési bekräftigt auch, dass sich wie die Franzosen, Briten und Spanier auch die Belgier niemals beugen würden. Und auch dabei müssten wir hinter ihnen stehen, fordert Dési.

Márton Bede auf 444 rechnet mit einem langwierigen Krieg. Wenn die Molenbeek-Brigade jetzt zweimal habe zuschlagen können, hätten die muslimischen Terrorgruppen in Westeuropa an Stärke gewonnen und die gesegnete Zeit der vergangenen zwei Jahrzehnte in Europa sei beendet. Unser Kontinent werde neben Syrien, Afghanistan, Nigeria und vielen anderen Orten zum Schauplatz des großen Krieges unseres Zeitalters. Allerdings warnt Bede auch vor einer allzu pessimistischen Haltung und erinnert seine Leser daran, dass sich in den 1970er und 1980er Jahren der Kontinent auch habe durchsetzen können, als die IRA in Nordirland, die ETA in Spanien und die RAF in Deutschland viel weitreichendere Kriege geführt hätten und der Terrorismus in Europa eine viel größere Gefahr gewesen sei.

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