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Weitere zwei Jahre an der Macht – eine Bilanz

11. Apr. 2016

Nach Einschätzung einer liberalen Analystin ist Ungarn von seinem strategischen Ziel abgewichen: Das Erreichen der am weitesten entwickelten Länder scheint in weite Ferne gerückt zu sein. Ein regierungsfreundlicher Autor sieht die vergangenen zwei Jahre als eine Abfolge positiver Wirtschaftsentwicklungen.

Ungeachtet nicht unerheblicher jährlicher EU-Geldtransfers nach Ungarn habe sich der Abstand beim Pro-Kopf-BIP gegenüber Österreich innerhalb von zehn Jahren absolut nicht verändert, behauptet die Ökonomin Éva Várhegyi in Élet és Irodalom. In der gleichen Zeit seien Ungarns regionale Wettbewerber – die Tschechische Republik, Polen und die Slowakei – schneller gewachsen und hätten Ungarn abgehängt. Die Regierung sollte EU-Fonds nutzen, um Wachstumsbedingungen für den Zeitraum zu schaffen, in dem dieser Zahlungsstrom binnen weniger Jahre versiegen werde. Stattdessen benutze die Regierung laut Várhegyi die europäischen Subventionen, um das gegenwärtige BIP-Wachstum zu finanzieren und das Staatsdefizit zur Vermeidung europäischer Strafmaßnahmen extrem niedrig zu halten. Wenn dann Ungarn einmal selbst werde Wachstum generieren müssen, dürfte es an gut ausgebildeten Arbeitskräften und der neuesten Technologie fehlen, die das Land wettbewerbsfähig machen würden, befürchtet die Autorin.

Nach zwei Jahren der zweiten aufeinanderfolgenden Legislaturperiode in Regierungsverantwortung würde der Fidesz heute erneut die Wahlen gewinnen und wie vor zwei Jahren eine parlamentarische Zweidrittelmehrheit erlangen, hebt der Politikwissenschaftler Bánk Levente Boros in Magyar Idők hervor. Die Popularität der Regierung basiere vor allem darauf, dass sie ohne internationale Geldinstitutionen um Hilfe zu bitten ihre Finanzen habe ausgeglichen gestalten können. Auch ihre Flexibilität beim Reagieren auf Krisen habe dazu beigetragen. Unter anderem erwähnt der Autor die Migrationskrise, die von den durch ihren „multikulturellen Wahn“ geleiteten politischen Eliten des Westens komplett verkannt worden sei, wohingegen Ungarns Eliten sofort erkannt hätten, dass der unkontrollierte Zustrom von Migrantenmassen gestoppt werden müsse. Als Ergebnis sei Ministerpräsident Viktor Orbán laut Boros nunmehr ein anerkannter europäischer Politiker, statt „der verachtete Anführer eines kleinen Landes“.

Die Politikwissenschaftler Ágoston Sámuel Mráz und Gábor Török halten Hoffnungen der Opposition, dass die Anführer der regierungskritischen Lehrerbewegung erfolgreiche Politiker werden oder den Ministerpräsidenten bei den nächsten Wahlen herausfordern könnten, für unrealistisch. Beide Politologen äußern sich in ihrem üblichen Schlagabtausch in Heti Válasz. Dabei vertritt Török dennoch die Ansicht, dass die Themen öffentliche Bildung sowie nationales Gesundheitssystem im Vorfeld der nächsten Parlamentswahlen (2018) der Regierung gefährlich werden könnten. Die ständigen Angriffe der jüngsten Zeit, die sich gegen die auffallenden Erfolge von Personen aus dem unmittelbaren Umfeld des Ministerpräsidenten bei öffentlichen Ausschreibungen richten würden, bildeten eine „tödliche Gefahr“ für den Ministerpräsidenten, warnt Török. Fragen zum Vermögen des Ministerpräsidenten selbst seien laut Mráz eine neue Herausforderung, die neue Antworten verlange. Derzeit reagiere der Ministerpräsident verärgert auf derlei Angriffe im Parlament. Mráz merkt dazu an, dass Viktór Orbán als jemand gelte, der Luxus verachte, weswegen ihm diese Art von Anschuldigungen kaum schaden sollte.

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