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Aufregung um Äußerung des neuen österreichischen Bundeskanzlers

26. May. 2016

Ein konservativer Kolumnist empört sich über eine vermeintliche Bemerkung des neu ernannten österreichischen Bundeskanzlers Christian Kern. Dieser soll Berichten zufolge den ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán beschuldigt haben, einen auf dem Führerprinzip beruhenden Staat zu leiten. Wortgetreue Niederschriften beweisen allerdings, dass sich Kern deutlich zurückhaltender geäußert hatte.

In einer unmittelbaren Reaktion auf eine dem erst kürzlich ernannten sozialdemokratischen Bundeskanzler zugeschriebenen Äußerung sagte Ungarns Außenminister Péter Szíjjártó: „Es war illusorisch anzunehmen, dass der neue österreichische Kanzler der österreichischen Politik eine neue Kultur bescheren wird.“ In verschiedenen Presseberichten wurde Christian Kern tatsächlich mit den Worten zitiert: „Es ist illusorisch anzunehmen, dass die Asylproblematik gelöst werden kann, indem der Staat in einen autoritären, auf dem ‘Führerprinzip’ basierenden Staat umgewandelt wird, so wie es Ministerpräsident Viktor Orbán in Ungarn praktiziert.“ Szíjjártó konstatierte, dass – nachdem der frühere Kanzler Werner Faymann Ungarn mit den „dunkelsten Diktaturen des 20. Jahrhunderts“ verglichen hatte – Kern die Ungarn schon jetzt mit seinen „inakzeptablen, nicht-europäischen“ Bemerkungen enttäuscht habe. (Faymann hatte auf dem Höhepunkt der ungarischen Flüchtlingskrise im vergangenen Sommer gesagt, es erinnere ihn an die dunkelsten Zeiten des 20. Jahrhunderts, wenn Flüchtlinge mit dem Zug in Aufnahmezentren gebracht würden.) Laut der wortwörtlichen Mitschrift seiner umstrittenen Äußerung stellte Kern tatsächlich lediglich fest: „Zu glauben, dass man bei der Asylproblematik das Problem wegzaubern kann, indem man den Eindruck vermittelt, dass Reformen bedeutet, Österreich in einen autoritären Führerstaat zu verwandeln, ist eine Illusion. Nicht einmal der Herr Orbán kann sich wünschen, die Flüchtlinge wegzubeamen, wie wir anhand den jüngsten Entwicklungen sehen.“ (vgl. das Nachrichtenportal vienna.at)

Balázs Ablonczy nimmt auf die Äußerung des Bundeskanzlers in der Form Bezug, wie sie von der ungarischen Nachrichtenagentur MTI verbreitet wurde. Auf Válasz.hu vertritt Ablonczy demnach die Auffassung, dass die österreichischen Spitzenpolitiker eine völlig andere Schlussfolgerung aus den jüngsten politischen Entwicklungen ihres Landes hätten ziehen sollen. Alexander van der Bellen – einst Sympathisant der Kommunisten – habe die Präsidentenwahl mit knappstem Vorsprung gewonnen. Dabei habe er bis auf die migrationskritische Freiheitliche Partei sämtliche Kräfte hinter sich geschart. Anders gesagt sollten die Regierenden das Migrationsthema sehr ernst nehmen, anstatt auf „Kantinen-Niveau“ zu argumentieren. In einer seiner ersten Stellungnahmen als Kanzler habe Kern – mit den Worten Ablonczys – „diese Latte gerissen, auch wenn sie nicht zu hoch hing“. Die Lage sei hoffnungslos, resümiert der Autor: „Die europäische Linke gleicht den Bourbonen – sie ‘haben nichts gelernt und nichts vergessen’.“

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