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EU-Türkei-Abkommen in der Diskussion

14. May. 2016

Zwei konservative Kommentatoren kritisieren die EU wegen der Aufgabe ihrer zentralen Prinzipien sowie dafür, dass sie ihre Sicherheit der Türkei anvertraue. Ein linker Kolumnist äußert dagegen die Hoffnung, dass die Aufhebung des Visumzwangs für türkische Staatsbürger die demokratischen Kräfte des Landes stärken werde, ohne dabei die Sicherheit der Union zu gefährden.

Der größte Gewinner des zwischen der EU und der Türkei ausgehandelten Pakts über den Umgang mit Migranten sei Präsident Erdogan, konstatiert Dávid László in Magyar Nemzet. Der konservative Analyst geht davon aus, dass ungeachtet der Unterstützung in Höhe von stattlichen sechs Milliarden Euro sowie der Aussicht auf ein visafreies Reisen der Deal den türkischen Bürgern teuer zu stehen kommen werde. Da die Kontrolle der Migration in den Händen der Türkei liege, sitze Präsident Erdogan am längeren Hebel und die EU sei künftig nicht mehr in der Lage, demokratische Reformen in dem Land einzufordern. Folglich, so analysiert László, werde Erdogan seine Macht weiter festigen können. Der Autor verweist darauf, dass die Union nicht nur ihre Glaubwürdigkeit in Sachen Demokratie verloren, sondern sie zudem ihre Sicherheit in die Hände Erdogans gelegt habe. Dies sei ein direktes Ergebnis der Missachtung der Orbán’schen Empfehlung, wonach die EU ihre Grenzen für sich allein sichern sollte, anstatt die Türkei zu beauftragen, Migranten auf Abstand zu halten.

In Magyar Demokrata äußert sich Péter Farkas Zárug befremdet über die Tatsache, dass die Europäische Union ihre Prinzipien über Bord geworfen habe und bereit sei, ungeachtet von Verstößen gegen die Redefreiheit und andere demokratische Rechte seitens der türkischen Regierung das Visaregime abzuschaffen. Der konservative Politologe hält es für komplett absurd, dass die EU-Führung freudestrahlend einen Deal mit einem Land aushandele, das Minderheiten verfolge, kritische Stimmen der Opposition mundtot mache sowie Nato-Verbündete in Syrien bombardiere. Die Vereinbarung sei Verrat an den zentralen Werten der EU, stellt Zárug fest und ruft europäische Intellektuelle dazu auf, gegen das Abkommen zu protestieren, falls der Europäische Rat es tatsächlich verabschieden sollte.

Sicherheitsbedenken hinsichtlich des visafreien Status der Türkei seien übertrieben, analysiert Gábor Miklós in Népszabadság. Obwohl man nicht ausschließen könne, dass kurdische oder andere Radikale leichter in die EU gelangten, so erinnert der linksorientierte Kolumnist daran, dass Terrorangriffe auf dem Kontinent bislang von Staatsbürgern der EU verübt worden seien. Die Liberalisierung des Visaregimes werde progressiven, dem Westen freundlich gesinnten Kräften zugute kommen und gleichzeitig Nationalisten und Radikale in der Türkei schwächen, hofft Miklós.

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