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Bankmogul fällt in Ungnade

10. Jun. 2016

Analysten präsentieren raffinierte Theorien über die Ursachen des unvermittelten Absturzes von Zoltán Spéder. Der ungarische Bankier ist – so hat es den Anschein – bei den Mächtigen in Ungnade gefallen. Die Faktenlage ist allerdings auch nach Angaben der Analysten selbst recht dürftig.

In der Onlineausgabe von Magyar Nemzet bezeichnet Albert Gazda einen Bericht des Fernsehsenders tv2 über Zoltán Spéder als bizarr. (In einer kürzlich angelaufenen Serie über „weltabgewandte Magnaten“ präsentierte tv2 seinen Zuschauern Bilder von der noblen Residenz Zoltán Spéders, seinem Swimmingpool und gab zudem einen Eindruck von seinem vermeintlich hundsmiserablen Kleidungsstil. Der Manager wurde als Person mit einer unersättlichen Geldgier dargestellt. Bankmogul und Medienzar Spéder unterhielt bis in die jüngste Vergangenheit offenbar beste und überaus freundschaftliche Kontakte zur Regierung, geriet jedoch in der vergangenen Woche in die Schusslinie. Am Dienstag verabschiedete das Parlament ein Gesetz, das der Vorherrschaft Spéders im Zuge der Integration der Spargenossenschaftsbanken effektiv ein Ende bereitete. Vorausgegangen waren Vorwürfe, wonach er die Ressourcen der Genossenschaften in seine eigene Bank umgeleitet habe. Zeitgleich belegte die unter anderem auch als Finanzaufsichtsbehörde agierende ungarische Nationalbank die FHB, das Spéder’sche Flaggschiff, wegen Gesetzesverstößen mit einer Geldstrafe – Anm. d. Red.)
Albert Gazda äußert nun die Ansicht, dass die vermeintlichen Vergehen kein ausreichender Grund für eine derartige Behandlung seitens der regierungsfreundlichen Medien seien. Vielmehr müsse Spéder die „Regeln der Loyalität“ gebrochen haben, um diese Behandlung zu verdienen. Allerdings räumt Gazda ein, dass er nur Mutmaßungen über die tatsächlichen Gründe anstellen könne, wegen derer Spéder bei der Regierung in Ungnade gefallen sei.

Die Ursachen präsentierten sich noch recht verschwommen, schreibt Márton Kasnyik vom Nachrichtenportal 444. Momentan könnten wir nicht mehr tun, als nebulöse Erklärungen vom Typ „Kreml-Astrologie“ zu erfinden. Was wir jetzt erkennen könnten, so der liberale Journalist, sei das Ergebnis eines ausgeklügelten Machtspiels, in das auch andere Bankmanager sowie nicht näher bezeichnete Schlüsselfiguren des politischen Lebens verwickelt sein dürften. (Zu den erwähnten Bankern könnten möglicherweise Sándor Demján und Sándor Csányi gehören, den die Presse als Erzfeind Spéders betrachtet – Anm. d. Red.) Kasnyik wagt sogar die Prognose, dass sich im Ergebnis die Kontroll- und Eigentumsstruktur von Spéders Banken- und Medienimperium verändern werde.

In Népszava betont auch Zoltán Simon, dass die genauen Gründe für den Fall Spéders nicht bekannt seien. Über die wahren Motive gebe es nichts weiter als Klatsch und Tratsch. Der Journalist mutmaßt, dass der Fidesz möglicherweise seinen Einfluss auf das im Besitz Spéders befindliche ungarische Internet-Nachrichtenportal Nummer eins, Index, ausdehnen wolle.

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