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Reaktionen auf den Militärputsch in der Türkei

18. Jul. 2016

Die Kommentatoren sind sich einig: Nach der Vereitelung des Staatsstreichs wird Präsident Recep Tayyip Erdoğan seine Macht konsolidieren. Gleichzeitig weisen sie Verschwörungstheorien zurück, wonach Erdoğan selbst als Strippenzieher hinter dem Putschversuch gestanden habe.

Auf Origo zitiert András Kovács die Analystin Edit Zgut mit den Worten, die Türkei sei eine unvollendete Demokratie. Zgut sei davon überzeugt, dass die Vergeltungsmaßnahmen nach dem Putschversuch die Macht des Präsidenten weiter stärken dürften. Zusätzliche Einschränkungen demokratischer Rechte machten den EU-Beitritt der Türkei jedoch noch weniger akzeptabel als ohnehin schon, so Zgut.

Die europäischen Staatsführer seien in ihren Unterstützungserklärungen für Erdoğan nicht gänzlich aufrichtig, schreibt der Kolumnist der Boulevardzeitung Blikk, der sich Lajos Csapos („Barkeeper“) nennt und seine Leser auf seine Facebook-Seite einlädt, um Ereignisse so zu diskutieren, wie sie es in Kneipen tun würden. Wirkliche Demokraten, erklärt er, könnten den Präsidenten der Türkei nur unterstützen, „wenn sie sich die Nase zuhalten“. Doch Juncker und der Rest der europäischen Führungseliten würden sich nicht in der Position als Verteidiger Erdoğans befinden, falls die türkische Bevölkerung eines Tages ihre Meinung ändern sollte.

Auf 444 warnt Miklós Kasnyik vor allzu einfachen Erklärungen, wonach der Coup von Erdoğan selbst inszeniert worden sei, um Armee und Justiz zu säubern. In einer Periode wirtschaftlicher Stagnation und Instabilität aufgrund des Krieges gegen die Kurden sowie ständiger Selbstmordanschläge würden eine weitere Destabilisierung und Szenen bewaffneter Auseinandersetzungen in den zwei wichtigsten Städten der Türkei das Letzte sein, was Erdoğan sich wünschen würde.

Der Putsch sei von auf die Straßen strömenden türkischen Zivilisten vereitelt worden. Sie hätten Soldaten entwaffnet, die vor dem Beschuss von Zivilpersonen zurückgeschreckt seien, notiert Gábor Miklós in Népszabadság. Um sich selbst zu mobilisieren, hätten die Bürger Facebook und andere soziale Medien verwendet – dieselben Medien, die einst von den Demonstranten während ihres Protestes gegen die Regierungspolitik benutzt worden seien. Allerdings handele es sich bei Diktatoren keineswegs um dankbare Menschen, schreibt Miklós und sagt voraus, dass weder Demokraten noch soziale Medien unter der Herrschaft Erdoğans aufblühen würden.

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