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Stimmen zur Terror- und Gewaltserie in Deutschland

27. Jul. 2016

Kommentatoren aus dem linken Spektrum warnen angesichts jüngster Gewaltakte vor Panikmache und dem Schüren einer gegen Migranten gerichteten Hysterie. Konservative Kolumnisten wiederum sehen in den Ereignissen in Deutschland einen Beweis für ihre These, dass die multikulturelle Integration gescheitert sei. Dabei wird sogar Bundeskanzlerin Angela Merkel persönlich eine Mitschuld an den grässlichen Mordtaten zugewiesen.

Als direkt widerlich empfindet der Chefredakteur von Népszava die Tatsache, dass Außenminister Péter Szijjártó den Münchner Überfall in einen Zusammenhang mit dem Thema Migration gebracht hat. Für Péter Németh existiert keinerlei Beweis für die Annahme, wonach der Täter (ein in München geborener Sohn iranischer Eltern – Anm. d. Red.) sich nicht in die deutsche Gesellschaft habe integrieren können. Vielmehr seien die Ursachen für dessen Amoklauf in psychiatrischen Problemen zu suchen, die nichts mit seinem Migrationshintergrund oder einer fehlgeschlagenen Assimilation zu tun hätten, so der linksorientierte Journalist. Németh schlussfolgert, dass die Regierung Furcht und Hass schüren wolle, um auf der Welle von Anti-Migranten-Stimmungen zu reiten.

Auch András Dési warnt davor, den Terror in Deutschland mit Migration und misslungener Integration erklären zu wollen. In Népszabadság bezeichnet der linksorientierte Autor die Behauptung als absurd, dass zwischen den von mental gestörten Einzelpersonen verübten Gewalttaten ein kausaler Zusammenhang bestehe und ihr Handeln Teil einer terroristischen Verschwörung mit dem Ziel der Destabilisierung Europas sei. Dési äußert die Befürchtung, dass das haltlose Schüren von Ängsten zu noch mehr Gewalt führen könnte.

„Es wird Zeit für die Erkenntnis, dass der Multikulturalismus krachend gescheitert ist“, schreibt Gábor Stier in Magyar Nemzet. Der konservative Kolumnist warnt gleichzeitig vor einer Stigmatisierung von Migranten, hält aber auch die Hoffnung für eine Utopie, dass Migranten und Flüchtlinge aus der muslimischen Welt einfach so in westliche Gesellschaften integriert werden könnten. Mit Blick auf die Zukunft äußert Stier die Befürchtung, dass sowohl eine Zuwanderung ablehnende Politiker als auch dschihadistische Radikale die Gelegenheit nutzen würden, um Misstrauen und Argwohn in der Gesellschaft zu schüren.

In Heti Válasz bezeichnet István Dévényi die Auffassung für unverantwortlich, dass unkontrollierte massenhafte Migration die Sicherheit in keiner Weise beeinträchtigen würde. Unter Bezugnahme auf eine Bemerkung der stellvertretenden Regierungssprecherin Ulrike Demmer, wonach Flüchtlinge keine größere terroristische Gefahr darstellten als irgend eine andere Person in Deutschland, notiert der Autor, der Terror in Deutschland weise auf eine gescheiterte Integration von Neuankömmlingen hin. Wenn es Deutschland nicht gelungen sei, die Einwanderer der Vergangenheit erfolgreich zu integrieren, so sei es doch noch unwahrscheinlicher, Hunderttausende von Migranten aus jüngster Zeit zu assimilieren. Dévényi stellt den Verdacht in den Raum, dass mit einer Ausweitung von gegen Migranten gerichteten Stimmungen und einer zunehmenden Marginalisierung von Migranten Flüchtlinge mit mentalen und psychiatrischen Problemen noch gewalttätiger werden könnten.

János Csontos von der regierungsnahen Magyar Idők geht so weit, Bundeskanzlerin Angela Merkel eine Mitschuld am Terror vorzuwerfen. Csontos macht Merkel dafür verantwortlich, dass Hunderttausende von Migranten völlig ohne Sicherheitskontrollen hereingelassen wurden. Der Kommentator sieht in den Gewalttaten einen Beweis für das Scheitern von Integration und Willkommenskultur (der Autor greift auf den deutschsprachigen Ausdruck zurück – Anm. d. Red.). Einige der Verbrecher seien über Ungarn gekommen, merkt Csontos an und erinnert damit daran, dass sie ähnliche Taten auch hier hätten begehen können.

„Angela Merkel sollte dafür verantwortlich gemacht werden, dass sie Migranten mit dem Hinweis, sie seien alle in Deutschland willkommen, ermutigt hat“, wettert Zsolt Bayer in Magyar Hírlap. Der der Regierung nahestehende Kolumnist verweigert sich sogar dem Argument, wonach es sich nicht bei allen Migranten um Terroristen handeln würde. Wörtlich schreibt er: „Wenn ich Ihnen, Bundeskanzlerin Merkel, eine Pralinenschachtel schenken und Ihnen mitteilen würde, dass lediglich zehn Pralinen vergiftet seien – was würden Sie wohl tun? Wenn Sie in Ihrem Sessel sitzen, um sich die Nachrichtenberichte über die Opfer anzusehen, die Ihretwegen gestorben sind, würden Sie dann anfangen, die Pralinen zu essen, oder würden Sie die gesamte Schachtel in den Mülleimer werfen?“, fragt Bayer.

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