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In Endlosschleife: Debatte über Migration und Quoten

26. Aug. 2016

Der Regierung nahestehende Publizisten werfen der ungarischen Linken Verantwortungslosigkeit vor, da sie die durch die Migration heraufbeschworenen Gefahren auf die leichte Schulter nehme. Ein linksorientierter Journalist wiederum bezichtigt die Regierung, sie missbrauche die Migrationskrise, um die Öffentlichkeit zusätzlich zu polarisieren, während eine konservative Kolumnistin beiden Seiten attestiert, sie würden vereinfachende Botschaften aussenden, um ihre Beliebtheitswerte zu steigern.

In einem vergangene Woche in den Ruhr Nachrichten veröffentlichten Interview hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel geäußert, Deutschland habe im September 2015 seine Grenzen für die Flüchtlinge geöffnet, um eine in Ungarn drohende humanitäre Krise abzuwenden. Laut einer am Mittwoch vom Meinungsforschungsinstitut Nézőpont veröffentlichten Umfrage stehen 68 Prozent der ungarischen Bevölkerung – darunter 51 Prozent Anhänger der Linken – hinter der Migrationspolitik der Regierung und bezeichnen sie als sachgerecht. 41 Prozent der linken Wähler lehnen zudem das EU-Quotensystem zur EU-internen Verteilung von Flüchtlingen ab. Nach Informationen des Nachrichtenportals Index.hu wollten die EU-Mitgliedsstaaten seit Beginn der Migrationskrise im vergangenen Jahr bis zu 52.000 Migranten nach Ungarn zurückschicken, wo sie in die Schengen-Zone eingereist seien – eine Zahl, die von Budapest bestritten wird: So habe Ungarn lediglich vier von ihnen aufgenommen. Die übrigen durch das Land gereisten Migranten seien über den Schengen-Staat Griechenland gekommen.

Gyula Haraszti von der Tageszeitung Magyar Idők äußert die Befürchtung, dass Ungarn und andere mitteleuropäische Staaten einem zweifachen Druck in der Migrationskrise ausgesetzt werden könnten. Da westeuropäische Länder ihre Einwanderungsgesetze verschärfen würden, um potenzielle Terroristen fernzuhalten, werde eine zunehmende Anzahl Migranten nach Ungarn und in andere Länder zurückgeschickt, in denen sie zuerst registriert worden seien, vermutet der regierungsfreundliche Kommentator. Angesichts dieser Tatsache bezeichnet Haraszti die Billigung der EU-Migrantenquote seitens der Linken als unverantwortlich und absurd.

Die europäische Öffentlichkeit beginne die Gefahren der unkontrollierten Migration zu begreifen, glaubt Sándor Faggyas. In Magyar Hirlap verweist der konservative Kommentator auf eine kürzlich veröffentlichte Umfrage zur Haltung der Ungarn im Hinblick auf das Referendum vom 2. Oktober und unterstreicht, dass eine Mehrheit der Ungarn mit der Migrationspolitik der Orbán-Regierung zufrieden sei. Sogar 41 Prozent der linken Wähler würden demnach eine zwangsweise Umverteilung von Migranten innerhalb der Europäischen Union ablehnen.

Die ungarische Regierung habe die Migrationskrise ausgenutzt, um die ungarische und europäische Öffentlichkeit weiter zu polarisieren, schreibt Róbert Friss in Népszava. Auf das Zeitungsinterview von Bundeskanzlerin Merkel eingehend wirft der linksorientierte Journalist der Regierung vor, sie habe die Situation der Migranten vor einem Jahr in Ungarn am Brodeln gehalten, um Deutschland und Österreich zur Öffnung ihrer Grenzen zu zwingen. Mittlerweile habe sich Ministerpräsident Orbán zum Symbol einer unbarmherzigen, gegen Einwanderer gerichteten Strategie in Europa entwickelt, ist Friss überzeugt.

In Magyar Nemzet stellt Zsuzsanna Körmendy fest, dass der sich in Ungarn vollziehende Diskurs sowohl der Linken als auch der Rechten allzu simpel und ideologisch gefärbt sei. Während linke und liberale Parteien die sicherheitspolitischen Implikationen einer unkontrollierten Migration ignorierten, ordne die Regierung alle anderen Fragen ihrer gegen Einwanderer gerichteten Rhetorik unter, konstatiert die konservative Kolumnistin. Da beide Lager die Migration in dieser stark ideologisierten und sektiererischen Art und Weise nutzen würden, um ihre Popularität zu steigern, würden alle anderen politisch wichtigen Themen ohne Erörterung beiseitegeschoben, argwöhnt Körmendy.

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