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Orbán in Kötcse zum 11. September

13. Sep. 2016

Die Kommentatoren sind sich einig, dass unser Leben nie wieder so sein werde wie vor 2001. Allerdings beurteilen sie die Rede von Ministerpräsident Orbán am 15. Jahrestag des 11. Septembers kontrovers.

Im Rahmen des alljährlichen informellen Treffens von der Regierung nahestehenden Intellektuellen und offiziellen Vertretern der Regierungspartei Fidesz in Kötcse kritisierte Ministerpräsident Viktor Orbán die europäischen Eliten mit scharfen Worten: Sie verhinderten, dass sich der Kontinent gegen eine unkontrollierte Einwanderung und damit gegen den islamistischen Terrorismus verteidige. Die Ausbreitung des Terrorismus in Europa stelle eine traurige Reminiszenz an den 11. September 2001 dar. Orbán äußerte die Hoffnung, dass dem ungarischen Referendum gegen verpflichtende Migrantenquoten ähnliche Abstimmungen in anderen europäischen Ländern folgen würden.

In einem wütenden Leitartikel auf der Titelseite von Népszabadság erklären die Autoren, es sei bezeichnend, dass Orbán in seiner Rede zum Jahrestag von 9/11 den verstorbenen rechtsgerichteten Politiker István Csurka zitiert habe. (Csurka hatte die Vereinigten Staaten vor 15 Jahren beschuldigt, die Terrorangriffe mit ihrer auf Expansion orientierten Außenpolitik provoziert zu haben – Anm. d. Red.) Obwohl Orbán Csurka in einem anderen Zusammenhang zitiert habe, nämlich, dass die ungarischen Liberalen „in der Jury sitzen wollten“, also Entscheidungen lieber außer Kraft setzen als das Land regieren würden, sei die Erwähnung seines Namens in einem positiven Sinne ausgerechnet am Jahrestag empörend, echauffieren sich die Leitartikler der linksliberalen Tageszeitung.

Das Leben in der nördlichen Hemisphäre sei seit 2001 gefährlicher geworden, unterstreicht Csaba Lukács in Magyar Nemzet. Ungeachtet aller gegen die terroristische Gefahr ergriffenen Maßnahmen könnte sich der Normalbürger nicht sicher fühlen. Politiker nutzten den Jahrestag, um ihre eigenen Absichten und Pläne hervorzuheben, darunter auch die ungarischen, die auf den 11. September verwiesen, um das Wahlvolk beim Quotenreferendum am 2. Oktober zum Gang an die Urnen zu mobilisieren, notiert Lukács.

Auf die Rede des Ministerpräsidenten eingehend, erklärte der politische Philosoph András Lánczi im öffentlich-rechtlichen Hörfunk: Erstmals in der Geschichte Ungarns könnte ein ungarisches Referendum internationale Konsequenzen nach sich ziehen. Die dem Krieg folgenden 70 Jahre der Sicherheit und des Friedens in Europa scheinen beendet zu sein und es greife die Überzeugung um sich, dass tiefgründige Veränderungen nötig seien. In Österreich, Italien, Frankreich und Deutschland stünden Volksabstimmungen und Wahlen an. Sie alle, so Lánczi, könnten vom Ausgang des am 2. Oktober stattfindenden Referendums beeinflusst werden.

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