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Orbán präsentiert Verfassungsänderungen

15. Oct. 2016

Der ungarische Ministerpräsident hat Anfang der Woche dem Parlament seine Vorschläge für eine Verfassungsänderung vorgelegt. Damit möchte Viktor Orbán verhindern, dass die EU Ungarn letztendlich doch noch Aufnahmequoten im Rahmen einer unionsweiten Umverteilung von Flüchtlingen vorschreiben kann. Die Kommentatoren fragen sich nunmehr, ob und inwiefern die „konstitutionelle Identität“ Ungarns per Gesetz geschützt werden könnte bzw. sollte.

Laut den am Montag dem Parlament präsentierten Vorschlägen für eine Verfassungsänderung soll der Staat die territoriale Souveränität Ungarns, seine demografische Zusammensetzung, Grundrechte sowie Regierungsform – im Einklang mit den Gesetzen der EU – schützen. Ziel ist die Sicherung der „konstitutionellen Identität“ Ungarns. Hinsichtlich der Migration und der Gewährung von Asyl heißt es in dem Entwurf, dass Ungarn verpflichtet sei, verfolgten Flüchtlingen Schutz anzubieten. Allerdings könne die Ansiedlung von Bürgern aus nicht der EU angehörenden Staaten lediglich gemäß vom ungarischen Parlament verabschiedeten Verfahren erfolgen.

László Petrin pflichtet Ministerpräsident Orbán bei, wenn dieser den Schutz der konstitutionellen Identität Ungarns – darunter seine Sprache, Kultur sowie sein christliches Erbe – für erforderlich hält. In Magyar Idők äußert der regierungsfreundliche Jurist die Befürchtung, dass ohne eine Verankerung der konstitutionellen Identität in der Verfassung die von Linksliberalen verfochtene kulturelle Vielfalt die Grundlagen der Gesellschaft untergraben würde. Dies könnte in einer „Weimarisierung“ und einem totalen Chaos münden. Schlussfolgernd behauptet Petrin: Die von Ministerpräsident Orbán vorgelegten Verfassungsänderungen würden jeglichen Bemühungen der EU, Ungarn Migranten aufzuzwingen, zuvorkommen.

In Magyar Nemzet hält Beáta Bakó die vorgeschlagenen Verfassungsänderungen für überholt. Zudem handele es sich dabei möglicherweise um eine Verletzung des EU-Rechts. Die konservative Juristin argumentiert, dass das Quotensystem der EU für Migranten Asylanträge verteilen würde und Ungarn aufgrund dessen sogar ohne Verfassungsänderung sämtliche dieser Anträge ablehnen könnte, denn das nationale Recht verweigere illegal Grenzen überschreitenden Personen Asyl. Nach Ansicht Bakos stehen die Verfassungsänderungen auch im Widerspruch zur europäischen Gesetzgebung. In einer Nebenbemerkung äußert die Juristin zudem die Sorge, dass die ungarische Regierung künftig das nur unzureichend definierte Konzept der „konstitutionellen Identität“ ganz im Sinne ihrer eigenen politischen Interessen anwenden könnte.

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