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US-Präsidentschaftswahl im Fokus

7. Nov. 2016

Wenige Tage vor den US-Präsidentschaftswahlen schätzen Experten der führenden ungarischen Tages- und Wochenzeitungen die Folgen des Urnengangs auf die US-Außenpolitik im Besonderen sowie die Weltpolitik im Allgemeinen ein.

Traurig, dass die US-Präsidentschaftswahlen zu einem Kult rund um Persönlichkeiten und persönliche Angriffe verkommen seien, anstatt ein Wettstreit politischer Programme zu sein, beklagt Ervin Nagy in Magyar Hírlap. Nach Ansicht des konservativen Philosophen versuchen beide Kandidaten, sich durch persönliche Attacken und kleinkariertes vulgäres Benehmen gegenseitig „moralisch zu vernichten“, statt ihre eigenen glaubwürdigen Visionen, Werte und Politikempfehlungen darzustellen. Nagy äußert die Befürchtung, dass der Stil der US-Präsidentschaftswahlen von Politikern weltweit – inklusive Ungarn – kopiert werden dürfte.

Für Ungarn wäre Hillary Clintons Sieg wünschenswerter, glaubt István-Szilárd Pap. Der linksgerichtete Blogger nennt auf Kettős Mérce den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Donald Trump einen „autoritären, rechtsextremen Populisten, der es wagen würde, Europa atomar anzugreifen“. (In einem Interview vom März hatte Trump behauptet, er wäre die letzte Person, die Kernwaffen benutzen würde, fügte jedoch hinzu, dass er seine Vollmacht sie einzusetzen für niemanden aufgeben würde, auch für Europa nicht – Anm. d. Red.) In einer Nebenbemerkung notiert Pap, dass die Demokratische Partei die Ungleichheit in den Vereinigten Staaten ernster nehmen sollte, sonst werde sie früher oder später von einem populistischen Rechtskandidaten geschlagen – von Donald Trump oder einem ähnlichen Bewerber.

In Élet és Irodalom vertritt auch János Széky die Meinung, dass aus ungarischer Perspektive Hillary Clinton die bessere Wahl wäre. Clinton würde ein aktives globales Engagement Amerikas unterstützen, während Donald Trump als Präsident eine isolationistische Außenpolitik betreiben würde, „die tragische Konsequenzen ähnlich dem Geschehen zwischen 1914 und 1941 heraufbeschwören dürfte“. Der liberale Kolumnist geht davon aus, dass „Trump Ungarn an Putin ausliefern würde“ und versteigt sich zu der These, dass „Trumps ungarische Unterstützer Verräter sind, die Putin unterstützen“.

Hillary Clinton möge zur Präsidentin der Vereinigten Staaten gewählt werden – dieser Hoffnung verleiht auch István Gazdag in Magyar Demokrata Ausdruck, jedoch aus völlig unterschiedlichen Gründen. Der Kommentator aus dem rechten Spektrum meint, die Vereinigten Staaten hätten sich in einen von Finanzeliten beherrschten „Leviathan-Staat“ verwandelt. Sollte Hillary Clinton das Präsidentschaftsrennen gewinnen, werde sie das Werk der früheren Präsidenten vollenden und die USA könnten kollabieren, spekuliert Gazdag.

Lénárd Sándor von der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Idők wiederum vermutet, dass – wer immer auch zum Präsidenten gewählt wird – die Vereinigten Staaten nicht weiter als Weltpolizist werden in Erscheinung treten können. Auch wenn die USA Hauptnutznießer des globalen Kapitalismus seien, so hätten sogar die Vereinigten Staaten einen Teil ihrer Souveränität über die Wirtschaft aufgeben müssen, hebt der konservative Kolumnist hervor. Im Ergebnis sei das Leben der Durchschnittsamerikaner unsicherer geworden. Für sie sei es mittlerweile unmöglich, irgendetwas zu erreichen, was dem amerikanischen Traum nahe käme. Aufgrund dieser wachsenden Unzufriedenheit mit Blick auf Wohlstand und wirtschaftliche Möglichkeiten werde sich der nächste amerikanische Präsident darauf konzentrieren müssen, die wirtschaftliche Souveränität des Staates zu stärken und weniger Möglichkeiten haben, sich in weltumspannenden Außenpolitikprojekten zu engagieren.

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