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Konservative zur Populismus-Welle

19. Dec. 2016

Drei Autoren des konservativen Spektrums beschäftigen sich in ihren Artikeln mit dem Phänomen des Populismus und kommen unisono zu dem Schluss, dass nichts so heiß gegessen wie gekocht wird.

Károly Lóránt von der Tageszeitung Magyar Hírlap wendet sich gegen die Behauptung, wonach es sich bei populistischen Parteien der Rechten um ideologische Nachkommen rechtsextremistischer Bewegungen der Zwischenkriegszeit handeln würde. Der konservative Kolumnist sieht den sowohl in Europa als auch in den USA zu verzeichnenden Aufstieg populistischer Parteien und Politiker vielmehr als ein Ergebnis der Unfähigkeit der Mainstream-Parteien, Kontakt zu ihrem jeweiligen Unterbau aufrechtzuerhalten. Der Autor macht dafür die Entscheidung linker und liberaler Parteien verantwortlich, sich kosmopolitische Werte und neoliberale marktorientierte Ideologien zu eigen zu machen. Lóránt merkt in diesem Zusammenhang an, dass sich gleichzeitig auch die etablierte Rechte stärker Richtung Markt orientiert habe.
Die Mischung aus kosmopolitischen Werten und neoliberaler Marktideologie habe zu einer massenhaften Entfremdung von Wählern geführt, die nunmehr von neuen populistischen Parteien angelockt würden. Parteien also, die Schutz vor Armut sowie den Schutz der nationalen Identität versprechen würden, ohne dabei jedoch auf Gewalt als Mittel ihrer politischen Strategie zurückzugreifen. Angesichts all dessen sei es unfair, diese Parteien mit den populistischen und extremen Bewegungen der Zwischenkriegszeit zu vergleichen, notiert Lóránt abschließend.

Zsolt Jeszenszky erläutert, weshalb sich so viele Menschen auf Seiten der ungarischen Rechten durch den Sieg Donald Trumps bei den Präsidentschaftswahlen in den USA haben begeistern lassen. Die ideologischen Vorwürfe US-amerikanischer Liberaler an die Adresse Trumps seien nämlich so ziemlich die gleichen gewesen, wie diejenigen, die ungarische Liberale gerne gegen die ungarische Rechte ins Feld führten, erläutert Jeszenszky auf Mandiner und interpretiert den Sieg von Trump als Niederlage einer liberalen politisch korrekten Sprache. Der Autor äußert die Hoffnung, dass die ungarischen Liberalen die Rechte nicht weiter mit dem ihnen schlechterdings angehefteten Etikett „Faschisten“ in Verruf bringen können.

In Magyar Idők vertritt János Pelle die Ansicht, dass es ein Fehler wäre, den Aufstieg populistischer Parteien als Vorboten einer „weltumspannenden Revolution“ zu interpretieren. Die immer stärker populistisch ausgerichteten Parteien in der gesamten entwickelten Welt seien in ihren politischen Visionen nicht wirklich extremistisch. Anstatt einen totalen Umbau des politischen Systems zu fordern, setzten sie sich für eine Reform der Demokratie ein. Vor allem wünschten sie eine Begrenzung der Migration sowie die Einführung neuer wirtschaftspolitischer Maßnahmen, um die Auswüchse der freien Märkte zu begrenzen.
Die in den letzten Jahrzehnten vorherrschende Ideologie der Linken sei umstritten, da sie einen rücksichtslosen Kapitalismus gefördert habe, dem es lediglich um das „Überleben des Stärkeren“ gegangen sei, während sie gleichzeitig sämtlichen Minderheiten großzügige Wohltaten offeriert habe – Minderheiten also, bei denen es sich nicht um männliche weiße Arbeiter handelte, die nunmehr auf die Barrikaden gingen und sich populistischen Parteien zuwendeten. Und so schlussfolgert Pelle, dass die populistischen Parteien sehr viel pragmatischer und moderater als von ihren Kritikern befürchtet sein dürften und sie den Kapitalismus eher nur reformieren als abschaffen würden.

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