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Ungarisches PISA-Ranking enttäuschend

10. Dec. 2016

Ein linksorientierter Kommentator wirft der Regierung vor, sie würde absichtlich das öffentliche Bildungssystem in Ungarn schädigen, um auf diese Weise obrigkeitshörige Staatsbürger zu „produzieren“. Sein Gegenüber aus dem rechten Spektrum dagegen argumentiert, dass eine Politisierung der Bildungsdebatte eine angemessene Erörterung des Themas erschwere.

Im vergangenen Jahr haben sich die Leistungen ungarischer Schülerinnen und Schüler in den Bereichen Naturwissenschaften und Lesen gegenüber 2014 verschlechtert. Das geht aus der jüngsten Studie des Programms zur internationalen Schülerbewertung (PISA) hervor. Das Niveau im Fach Mathematik konnte gehalten werden. Beim PISA-Test wurden die Leistungen von 15-jährigen Schülern überprüft. Nach Angaben von Staatssekretär László Palkovics könnte ein Grund für das schlechte Abschneiden in der Einführung eines sogenannten „Null-Jahres“ für 14-Jährige zu suchen sein. Während dieses an immer mehr Gymnasien eingeführten Jahres beschäftigen sich die Schüler dieser Altersgruppe vorwiegend mit dem Lernen von Fremdsprachen. Der Staatssekretär verwies zudem auf Ergebnisse einer anderen internationalen Untersuchung. So habe die TIMSS (Trends in International Mathematics and Science Study) Fortschritte bei der Altersgruppe der Neun- bis 14-Jährigen ausgewiesen. Der für das Amt des Regierungschefs zuständige Minister János Lázár kündigte unterdessen an, dass das für Bildungsfragen zuständige Ministerium für Humanressourcen eine Konferenz zur Bewertung der PISA-Ergebnisse einberufen wird.

Aufgrund von in den vergangenen Jahren durch die rechtsgerichtete Regierung umgesetzten Reformen würden künftig immer weniger Ungarn über im internationalen Wettbewerb erforderliche Kompetenzen verfügen, klagt Dániel Juhász in Népszava. Der Autor wirft der Regierung eine bewusste Schädigung des öffentlichen Schulwesens in Ungarn vor, um auf diese Weise gefügige Erwachsene zu erzeugen. Als Begleiterscheinung würden die Absolventen ungarischer Schulen im Westen nicht benötigt. Dadurch würde die Regierung sie im Lande halten können und gleichzeitig dem Exodus junger Menschen Richtung Westeuropa ein Ende bereiten. Juhász bezieht sich im Folgenden auf eine Äußerung von Kanzleramtsminister János Lázár, wonach der vom öffentlichen Bildungssystem zu erwartende größte Erfolg die Erziehung zu guten Christen und guten Ungarn sei. Juhász dazu bitter: „Alles ganz egal, Hauptsache, es sind gute Christen und gute Ungarn.“

In Magyar Idők äußert Ottó Gajdics die Ansicht, dass man schon verrückt sein müsse, um der Regierung eine bewusste Zerstörung des öffentlichen Bildungssystems vorzuwerfen. Allerdings warnt auch er vor dem Glauben, in ungarischen Schulen sei „alles gut“. Gajdics spricht sich für eine erheblich bessere Bezahlung von Lehrern aus. Das wiederum würde talentierte Schüler ermutigen, sich an pädagogischen Berufsfachschulen einzuschreiben. Heutzutage seien diese voll von jungen Leuten, die keinerlei Aussicht hätten, für beliebtere und trendigere Ausbildungskurse ausgewählt zu werden.

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