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Streit um „Pseudo-NGOs“ geht weiter

13. Jan. 2017

Linke und liberale Stimmen vergleichen das Vorhaben der Regierung, NGO-Manager künftig Vermögenserklärungen abgeben zu lassen, mit einer totalitären und diktatorischen Vorgehensweise. Kommentatoren der politischen Mitte begrüßen zwar eine verbesserte Transparenz, kritisieren jedoch die barsche Sprache. Ein konservativer Kolumnist wiederum hält das Ganze lediglich für ein politisches Ablenkungsmanöver.

In einem am Mittwoch geführten Interview benannte der Vizevorsitzende des Fidesz, Szilárd Németh, die Ungarische Gesellschaft für Freiheitsrechte (TASZ), das Ungarische Helsinki-Komitee sowie Transparency International als mit Georges Soros in Verbindung stehende NGOs und somit als Hauptziel der Vorschläge seiner Partei, die alljährliche Vermögenserklärungen von leitenden Mitarbeitern der Nichtregierungsorganisationen vorsehen (vgl. BudaPost vom 12. Januar). Ein entsprechendes Gesetz dürfte in Kürze von der Regierung vorgelegt werden. Németh äußerte in dem mit dem Fernsehsender ATV geführten Gespräch, dass die genannten Organisationen und deren Bagage seiner Ansicht nach aus dem Lande „hinausgekehrt“ werden sollten.

Für das Internetportal atlatszo.hu spiegeln die Fidesz-Vorschläge die von der israelischen Regierung im Juli 2016 beschlossenen Transparenzvorschriften für NGOs wider. (Laut diesem Gesetz müssen Nichtregierungsorganisationen, die Finanzmittel ausländischer Geldgeber erhalten, in allen ihren Dokumenten und Werbeanzeigen angeben, dass sie aus dem Ausland finanziert werden – Anm. d. Red.) Benjamin Netanjahu sei von Arthur Finkelstein, dem US-Wahlkampfguru und langjährigen Berater der Regierungspartei Fidesz, zur Einführung des neuen Gesetzes geraten worden, schreibt das Portal.

Index.hu dagegen vergleicht die neuen Bestimmungen mit gegen NGOs gerichteten Gesetzen des russischen Präsidenten Wladimir Putin, der ausländische Nichtregierungsorganisationen, darunter die Open Society Foundation, verboten hatte.

Die von Szilárd Németh benutzte Terminologie sei dem totalitären Wortschatz der Gestapo und des kommunistischen ungarischen Staatssicherheitsdienstes entlehnt, schreibt Tamás Gomperz in Heti Világgazdaság. Der liberale Kommentator wirft der Regierung vor, sie werde von einem zunehmenden und unkontrollierbaren Verlangen nach immer mehr Macht motiviert, selbst wenn dies diktatorische Maßnahmen beinhalte.

Zsuzsanna Körmendy widerspricht der Kennzeichnung der Organisationen als „Pseudo-NGOs“. In Magyar Nemzet erinnert die konservative Kolumnistin daran, dass einige der aufs Korn genommenen Gruppen dabei geholfen hätten, die demokratischen Grundrechte der Opposition in Zeiten der einstigen sozialistisch-liberalen Regierungen zu verteidigen. Wenn regierungskritische NGOs kein legitimes Recht hätten, sich in die Politik einzumischen, dann sollten auch die regierungsfreundlichen und durch öffentliche Gelder finanzierten NGOs das ebenfalls nicht haben, fordert Körmendy.

Der Vorschlag der Regierung mit dem Ziel, die Transparenz von Nichtregierungsorganisationen zu erhöhen, spiegele ein legitimes Anliegen wider, doch die von Szilárd Németh benutzte Sprache sei absolut nicht hinnehmbar, heißt es im Kommentar von Gábor Török. Der politische Analyst fragt sich, weshalb die Regierung einen an sich vernünftigen Vorschlag unter Verwendung einer derart abscheulichen Sprache verkünde.

Nur die Ruhe, der Fidesz werde die NGOs nicht hinauswerfen, gibt sich Barna Borbás in Heti Válasz recht entspannt. Der konservative Kolumnist geht davon aus, dass die Regierung weder fähig noch willens sei, die von ausländischen Geldgebern finanzierten Nichtregierungsorganisationen zu schließen. Schlimmstenfalls sei die an NGO-Manager gerichtete Forderung nach Vermögenserklärungen ein Ärgernis, das die Arbeit der Zivilorganisationen nicht untergrabe. Borbás hält den Vorschlag für ein Ablenkungsmanöver, mit dessen Hilfe die Regierung lediglich die Opposition provozieren und die Aufmerksamkeit von wichtigeren Fragen zerstreuen wolle.

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