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Macrons Präsidentschaft – Sieg des Urbanen

11. May. 2017

Nach dem Erfolg von Donald Trump in den USA und der Brexit-Entscheidung vom vergangenen Jahr interpretiert ein bekannter ungarisch-amerikanischer Hochschulprofessor das Ergebnis der französischen Präsidentschaftswahl als einen Sieg der fortschrittlichen Kräfte, der ihnen einen Anlass zum Jubeln beschere.

In Népszava kommentiert Charles Gati den Erfolg von Emmanuel Macron bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich. Dies sei der Sieg einer progressiven städtischen Gesinnung, betont der in Ungarn geborene amerikanische Historiker, der der Clinton-Administration als Berater des Außenministeriums gedient hatte. (Macron hatte bei der Stichwahl gegen die rechtsradikale Kandidatin Marine Le Pen vom Front National tatsächlich 90 Prozent der in Paris abgegebenen Stimmen auf sich vereinigen können – Anm. d. Red.)
Unter Verweis auf Ergebnisse des Brexit-Referendums sowie von den US-amerikanischen Präsidentschaftswahlen kommt Gati zu dem Schluss, dass liberale und fortschrittliche Ideen und Kandidaten in Großstädten gewöhnlich den Sieg davontrügen, während die Konservativen eher in ländlichen Regionen erfolgreich seien. Heutzutage bestehe der wichtigste Gegensatz wohl nicht mehr in der Auseinandersetzung zwischen rechts und links, denn sie werde zunehmend von der Diskrepanz zwischen ländlichen und urbanen Regionen gekennzeichnet.
Der Historiker erinnert an den Streit zwischen städtischen und ländlichen Intellektuellen während der ungarischen Zwischenkriegszeit. Damals seien die Städter prowestlich eingestellt gewesen, während sich die Intellektuellen auf dem flachen Lande vor Modernisierungsbestrebungen gefürchtet hätten. Diese letztgenannte Perspektive habe überlebt und komme in Ängsten vor dem Westen sowie der Ablehnung einer grenzüberschreitenden Integration zum Ausdruck.
Gati räumt ein, dass „die Fehler und Sünden der urbanen Welt des Westens“ reichlich Munition für scharfe Kritik böten. Folglich sollte man das Potenzial der „ländlichen Gesinnung“ nicht unterschätzen. Aktuell allerdings fordert Gati die Leser von Népszava auf, „die Widerstandsfähigkeit Europas“ zu feiern.

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