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Verdacht: Wird die MSZP von der Regierung protegiert?

26. Jun. 2017

Ein Investigativ-Journalist ist auf Beispiele einer überraschend robusten indirekten Finanzhilfe der MSZP aus Regierungsquellen gestoßen. Ein unabhängiger Kommentator wiederum weist die Vorstellung, die Sozialistische Partei könnte durch den Fidesz am Leben erhalten werden, als lediglich eine von vielen Verschwörungstheorien zurück. Hingegen könnte laut einer linksorientierten Wochenzeitung die neue moderate Jobbik-Strategie in den Überlegungen beider Parteien eine Rolle spielen.

In Heti Válasz beschreibt András Bódis, inwieweit Persönlichkeiten und Institutionen mit Verbindungen zur MSZP durch Behörden der Regierung sowie eine Regierungskreisen nahestehende Bank recht großzügig behandelt werden. Der Autor schlussfolgert daraus, dass die Herrschenden entschlossen seien, die dahinsiechende Sozialistische Partei am Leben zu halten, um ein weiteres Erstarken der ursprünglich rechtsradikalen, aber in den vergangenen beiden Jahren immer mehr in Richtung Mitte strebenden Jobbik-Partei nicht ausufern zu lassen.
So habe die Regierung erfolgreich Chefs der ehemaligen KP-Parteijugend (Pioniere) verklagt, die das in den Budaer Bergen gelegene wichtigste Lager der Organisation, Csillebérc, umfunktioniert hatten. Letztere dagegen hatten mit Blick auf die in den vergangenen zwei Jahrzehnten erfolgten Modernisierungen Kompensationszahlungen in Höhe von über einer Milliarde Forint gefordert. Nach Angaben von Bódis hatten sie allerdings vergessen, von dieser Summe Dritten für die zeitweilige Nutzung des Geländes berechnete Mitzahlungen abzuziehen. Wie dem auch sei, die Regierung habe ihre Forderungen überraschenderweise akzeptiert, um die Schwimmakademie von Olympiasiegerin Katinka Hosszú im Bezirk Csillebérc bauen zu lassen.
Ein weiterer Fall, den Bódis für verdächtig hält, ist die überraschend großzügige Versorgung der sozialistischen Tageszeitung Népszava mit ganzseitigen Werbeanzeigen. (Népszava gehört einer österreichischen Firma, die sich im Besitz des ehemaligen MSZP-Schatzmeisters László Puch befindet. Darüber hinaus hat die NHB-Bank den beiden Unternehmen Puchs Kredite in Gesamthöhe von knapp einer Milliarde Forint gewährt. Die NHB gehört Tamás Szemerey, dem Schwager von Nationalbankpräsident György Matolcsy, der wiederum dem Vernehmen nach Regierungskreisen sehr nahe stehen soll – Anm. d. Red.)

Auf Reflektor dagegen äußert sich Lőrinc Tálos skeptisch, dass die genannten Tatsachen auf eine heimliche Begünstigung der MSZP durch den Fidesz hinauslaufen. Der Autor erinnert daran, dass ähnliche Bezichtigungen im Ringen linker Organisationen um den recht knapp bemessenen Raum links von der politischen Mitte ziemlich in Mode gekommen seien. Vor allem die Demokratische Koalition tendiere dazu, ihren potenziellen Partnern eine Kollaboration mit den regierenden Kräften zu unterstellen. Während sie die MSZP zur Bildung eines Wahlbündnisses auffordere, werfe die DK den Sozialisten eine zu große Nachgiebigkeit dem Fidesz gegenüber vor. Darüber hinaus streue die DK Gerüchte über heimliche Kontakte zwischen neuen Parteien wie LMP oder Momentum mit dem Fidesz. Ja es werde sogar behauptet, beide Parteien seien überhaupt erst von den Regierenden ins Leben gerufen worden. Tálos räumt ein, dass der Fidesz nicht alle Oppositionsparteien gleich behandele, was auf eindeutig taktische Erwägungen zurückzuführen sei. Allerdings ließe sich aufgrund solcher Unterschiede keineswegs die These stützen, wonach die MSZP oder irgendeine andere Oppositionspartei mit dem Fidesz gemeinsame Sache mache.

168 Óra veröffentlicht einen ausführlichen Bericht von Péter Cseri über die steten Bemühungen von Jobbik, sich als Partei der Mitte neu zu erfinden. Sie gelten als potenzielle Versuche, die Spielregeln des ungarischen Politikbetriebes zu verändern, bei dem die Herrschaft des Fidesz aufgrund seiner zwischen den Linken und der radikalen Rechten angesiedelten Position garantiert wird. Sollte Jobbik mit der Suche nach einer neuen gemäßigten Identität Erfolg haben, müsste sich die Linke entscheiden, ob die Partei künftig eher als Konkurrent oder potenzieller Verbündeter zu gelten habe.
Im ersten Fall hätten die Linksparteien zusammen mit dem Fidesz ein gemeinsames Interesse, Jobbik klein zu halten. Doch selbst im zweiten Fall könnten beide Jobbik gut und gerne für einen gefährlichen Rivalen halten. In einem redaktionellen Vorwort zum Artikel Cseris äußert 168 Óra die Ansicht, dass die Strategie Jobbiks teilweise aufgegangen sei. Die Parteielite habe in den zurückliegenden vier Jahren auf spektakuläre Art und Weise aufgehört, rassistische Debatten zu führen. Die Parteibasis allerdings habe oftmals Probleme, diesbezüglich Schritt zu halten. Jobbik folge in ihrem Bemühen um Mäßigung einem westeuropäischen Trend, so die linke Wochenzeitung. Verschiedene, einstmals rechtsradikale Parteien würden tatsächlich Schritt für Schritt vorzeigbarer, obgleich dieser Prozess von internen Zerwürfnissen begleitet werde, die aber momentan im Falle Jobbiks – zumindest in der Parteispitze – noch sehr überschaubar seien.

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