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Wladimir Putin in Budapest

30. Aug. 2017

In seinem Kommentar zum Kurzbesuch des russischen Präsidenten in Ungarn äußert ein Kolumnist des linken Spektrums die Befürchtung, dass die Regierung ihr Land zu einem Teil des illiberalen Ostens machen wolle. Ein konservativer und ein gemäßigter Experte weisen solche Befürchtungen zurück, warnen aber zugleich vor zu engen Verbindungen mit Russland.

Am Montag weilte Russlands Präsident Wladimir Putin zu einem Kurzbesuch in Budapest, um die hier stattfindenden Judo-Weltmeisterschaften zu besuchen und mit Ministerpräsident Viktor Orbán über wirtschaftliche Belange zu beraten. Nach dem Treffen teilte Putin mit, das Projekt des Atomkraftwerks Paks sei in trockenen Tüchern. Die Arbeiten an der Erweiterung des bereits bestehenden AKW würden im nächsten Jahr beginnen. Linke Oppositionsparteien protestierten gegen Putin und warfen der Regierung vor, „sich dem Osten, statt dem Westen zuzuwenden“. Sie verlangten eine Veröffentlichung aller Details der Gespräche zwischen Putin und Orbán.

In Népszava interpretiert Miklós Hargitai den Besuch von Präsident Putin als Indiz für die zunehmend „östliche“ Ausrichtung Ungarns. Der Kolumnist des linken Spektrums stellt den zusehends autoritären „Osten“ und den freien „Westen“ einander gegenüber und behauptet, Ost und West repräsentierten zwei diametral entgegengesetzte „Ideologien und Imperien“. Hargitai hält abschließend fest, dass die Ungarn gen Westen strebten, die Regierung sie aber nach Osten dränge.

Der Zustand der Demokratie in Ungarn habe nichts mit Russland zu tun, schreibt Gábor Stier in Magyar Nemzet. Die Angst der Linken vor einer „Putinisierung“ Ungarns sei maßlos übertrieben, so der konservative Kolumnist. Präsident Putin braucht laut Stier Ungarn, um zu beweisen, dass er nicht völlig in der EU isoliert sei. Im Hinblick auf sein eigenes Land vermutet der Autor, dass Ungarn trotz seiner „anti-westlichen“ Rhetorik Wirtschaftssanktionen gegen Russland kaum mit einem Veto belegen werde.

Die Beschreibungen sowohl aus dem linken wie dem rechten Spektrum in Bezug auf Russland seien höchst vereinfachend und tendenziös, notiert Gergő Illés von Mandiner. Der gemäßigte Blogger hebt hervor, dass Ungarn nach wie vor von russischen Energieimporten abhängig sei und deshalb gute Beziehungen zu Moskau aufrechterhalten müsse. Illés findet es dennoch problematisch, dass die Orbán-Regierung augenscheinlich nicht den anderen europäischen Staaten in deren Versuchen folge, die Abhängigkeit von russischer Energie zu verringern. Als Beispiel nennt Illés den Ausbau des Atomkraftwerks Paks. Ungarns wirtschaftliche Interessen, so Illés weiter, würden jedoch nicht erklären, warum so viele Vertreter der Rechten derart unkritisch gegenüber Russland geworden seien. „Weshalb hat die Universität Debrecen Präsident Putin mit der Auszeichnung Civis Honoris Causa bedacht?, fragt Illés. (Die Universität wird zukünftiges Personal der zwei vom russischen Unternehmen Rossatom zu errichtenden neuen Reaktorblöcke in Paks ausbilden – Anm. d. Red.)

Für ein Land wie Ungarn sei Atomenergie die beste Wahl, um für die kommenden Jahrzehnte zumindest den Grundbedarf an Strom sicherzustellen, schreibt Zsolt Hárfás in Magyar Idők. In den nächsten drei Jahren werde die Solarenergie-Kapazität in Ungarn verzwanzigfacht werden, erinnert der Kommentator sämtliche Kritiker des umstrittenen Projekts.

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