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Diskussion über sexuelle Belästigung

21. Oct. 2017

In Kommentaren zu Fällen sexueller Belästigung in den USA und Ungarn herrscht allgemein Einvernehmen darüber, dass sexuell motivierte Gewalttaten eine stärkere Aufmerksamkeit verdienten. Nicht einig sind sich die Kommentatoren sämtlicher politischer Couleur in der Frage, wie man mit nicht gewalttätiger sexueller Belästigung umgehen sollte.

Im Wochenmagazin 168 Óra kommentiert Dóra Ónody-Molnár den Skandal um den Hollywood-Produzenten Harvey Weinstein. In diesem Zusammenhang äußert sie den Verdacht, dass sexuelle Belästigung in Ungarn ein weit verbreitetes Phänomen darstelle, über das allerdings so gut wie nie berichtet werde. Obwohl einige ungarische Schauspielerinnen von ähnlichen Übergriffen berichtet hätten, seien die meisten Frauen nicht bereit, über solche Vorfälle zu sprechen. Es ist für Ónody-Molnár eine betrübliche Tatsache, dass in Ungarn lediglich mit körperlicher Gewalt im Zusammenhang stehende Taten auch als Verbrechen betrachtet würden. Dabei sollte sexuelles Fehlverhalten von männlichen Chefs und Vorgesetzten ohne Anwendung körperlicher Gewalt im Sinne des Schutzes von Frauen ebenfalls als Drangsalierung betrachtet werden. Ónody-Molnár meint, dass als Gegenleistung für berufliches Weiterkommen oder eine Beschäftigung angebotener Sex ebenso wenig einvernehmlich sei wie eine Vergewaltigung.

Judit Kósa von Népszava geht ebenfalls davon aus, dass sexuell motivierte Übergriffe ein in Ungarn weit verbreitetes Phänomen seien. Auch die dem linken Spektrum zugehörige Kommentatorin macht männliche chauvinistische Gesellschaftsstrukturen und Ideologien für diese Entwicklungen verantwortlich. Sexuelle Belästigung könne nur dann ausgerottet werden, wenn die Gesellschaft den männlichen Chauvinismus überwinde, resümiert Kósa.

In Magyar Hírlap betont Zoltán Veczán, dass sowohl gewalttätige sexuelle Übergriffe als auch gewaltfreie Formen der Belästigung nicht hingenommen werden dürften. Als erschreckend bezeichnet der konservative Kommentator auch die Tatsache, dass laut Umfragen bis zu 400.000 Frauen Opfer von sexueller Belästigung geworden seien, man jedoch nur wenige Fälle auch zur Anzeige gebracht habe. Sexualstraftäter sollten bestraft werden, meint auch Veczán, allerdings warnt er vor „Mob-Mentalität“ und Hysterie. Es gelte deutlich zu unterscheiden: moralisch verabscheuungswürdiges sexuell motiviertes Fehlverhalten ohne Einsatz von Gewalt, bei dem Frauen Sex gegen arbeitsbezogene Leistungen eintauschen würden, auf der einen und Fälle gewalttätiger Übergriffe auf der anderen Seite. Veczán hält die Behauptung für höchst problematisch, sexistische Bemerkungen oder gar Blicke sollten als sexuelle Gewalt zu verstehen sein. Falls wir diese Unterscheidung nicht treffen sollten, würden die Opfer von gewalttätigem Missbrauch nicht ernst genug genommen werden, und wir könnten dem gewalttätigen Missbrauch nicht die ihm gebührende Aufmerksamkeit widmen, argumentiert Veczán abschließend.

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