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Flüchtlingsferien scheitern an Dorfbewohnern

2. Oct. 2017

Regierungskritiker verurteilen Ministerpräsident Viktor Orbán für eine Stellungnahme, der zufolge er nichts gegen die Einwohner eines kleinen Dorfes in Südungarn vorzubringen habe. Die betreffende Bevölkerung hatte gegen den Eigentümer einer Pension protestiert, der mehrere Flüchtlinge für einen Kurzurlaub hatte beherbergen wollen.

Hinter der Initiative steht Migration Aid, eine Nichtregierungsorganisation, die Flüchtlinge und Migranten bereits seit der massenhaften illegalen Einwanderungswelle vor zwei Jahren unterstützt. Die Gruppe, die in der Ortschaft Őcsény im Komitat Tolna beherbergt werden sollte, setzte sich hauptsächlich aus Kindern und Frauen zusammen, denen in unterschiedlichen Formen ein Schutzstatus in Ungarn zuerkannt worden war. Anwohner von Őcsény bedrohten den Pensionsinhaber, dem auch ein Reifen seines Autos zerstochen wurde. Letztendlich wurde die Ferienzeit abgesagt und der Bürgermeister trat aus Protest gegen die öffentliche Stimmungsmache zurück. Ob sich der Ministerpräsident über die geschilderten Details im Klaren war, blieb zunächst offen. Allerdings äußerte er Journalisten gegenüber Verständnis für die Bedenken der ortsansässigen Bevölkerung, „die so viele Lügen über Migranten gehört hat“ und „nicht sicher sein konnte, ob die Aktion auf einige wenige Frauen und Kinder beschränkt bleiben würde“.

Auf Sztárklikk meldet sich Mária Vásárhelyi mit einer emotionalen Schmähschrift gegen den Ministerpräsidenten zu Wort, den die Soziologin als einen „Psychopathen“ bezeichnet, „der bis auf die Knochen verdorben ist und unter Machtwahn leidet“. Ebenso hart fällt ihr Urteil über die ungarische Gesellschaft aus, „die es liebt, sich im Hass zu suhlen“, denn sie habe Orbán an die Spitze ihrer Regierung gewählt. Politiker der Regierungspartei seien unredlich, wenn sie das Geschehene ohne Protest tolerierten, fährt Vásárhelyi fort und schließt mit den Worten: „Menschen, die dazu fähig sind, sind auch zu anderen niederträchtigen und unmenschlichen Taten fähig.“

Auch István Sztankóczy widerspricht dem Ministerpräsidenten, allerdings ohne wütenden Unterton. Auf Válasz erinnert der Autor daran, dass Orbán im Laufe der vergangenen Jahre die westlichen Mainstream-Medien zu Recht kritisiert habe, weil sie Warnungen vor unkontrollierter Massenimmigration ignoriert oder verteufelt hätten, während in Ungarn Argumente pro und contra ausführlich publiziert worden seien. Dieses Mal aber hätten sich Anwohner vor Ort intolerant aufgeführt, manche von ihnen sogar zu illegalen Mitteln gegriffen. Dies wäre besser verurteilt worden, so Sztankóczy, der in einer Nebenbemerkung daran erinnert, dass die ungarischen Behörden bislang klar zwischen Flüchtlingen und illegalen Migranten unterschieden hätten. Der Ministerpräsident hingegen habe die verhinderten Feriengäste als Migranten bezeichnet, obwohl sie sich legal in Ungarn aufhalten würden.

Die Hauptverlierer in dieser Angelegenheit seien die Einwohner von Őcsény selbst, konstatiert Melinda Farkas in Magyar Nemzet. Sie hätten einen erfolgreichen Bürgermeister verloren und „dazu noch etwas erheblich Wertvolleres“, nämlich den Frieden, der während der 14 Jahre seiner Amtszeit geherrscht habe. Nunmehr stünden Bevölkerungsgruppen plötzlich einander feindlich gegenüber. Jedoch warnt Farkas davor, ausschließlich den Dorfbewohnern die Schuld dafür in die Schuhe zu schieben. Dörfer seien traditionell geschlossene Gemeinschaften, erklärt die Autorin. Migration Aid habe da eine ziemlich schlechte Idee gehabt, in einer Zeit höchster Spannungen eine solche Siedlung für ihr Vorhaben auszuwählen, ohne die Anwohner darauf vorzubereiten.

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