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Viktor Orbán erneut Regierungschef

12. May. 2018

Während das Parlament Viktor Orbán erneut zum Ministerpräsidenten gewählt hat, begrüßt ein regierungsnaher Kolumnist die pragmatischen Visionen des alten und neuen Chefs am Kabinettstisch. Ein linker Kommentator hingeben kritisiert, dass Orbán zwar den Begriff Illiberalismus durch den von einer christlichen Demokratie ersetzt habe, seine Prinzipien und Ziele aber unverändert geblieben seien.

Am Donnerstag hat das ungarische Parlament Viktor Orbán das dritte Mal in Folge zum Ministerpräsidenten gewählt. In seiner Dankesrede sagte Orbán, er werde den Interessen von 15 Millionen Ungarn dienen, und zwar im Einklang mit den christlichen Werten. Der Regierungschef benannte die Migrationskrise, die Schwächung der nationalen Solidarität und den Bevölkerungsschwund als die größten Herausforderungen für sein Land. Ungarn wünsche eine starke Union der europäischen Nationalstaaten und keine zentralisierten Vereinigten Staaten von Europa. Der Fidesz-Chef verwies auf die Tatsache, dass sich Ungarn im Zentrum „des geopolitischen Dreiecks Berlin – Moskau – Istanbul“ befinde. Orbán umriss auch seine Vision, Ungarn bis zum Jahr 2030 zu einem der am schnellsten wachsenden und lebenswertesten Länder Europas zu entwickeln.

Ottó Gajdics von der Tageszeitung Magyar Idők interpretiert die Rede Orbáns als Hinweis darauf, dass er den Interessen Ungarns sowie den Werten des Christentums Vorrang einräumen werde. Der Ministerpräsident habe die Bedeutung einer regionalen und europäischen Zusammenarbeit unterstrichen. Orbán wisse, dass die nationale Souveränität durch internationale Zusammenarbeit gestärkt werde und sein Land nur im Europa friedlicher und starker Nationalstaaten erfolgreich sein könne, so der regierungsfreundliche Journalist. Vor diesem Hintergrund vertritt Gajdics die Auffassung, dass man Ministerpräsident Orbán nicht länger Provinzialismus und Isolationismus vorwerfen könne.

Zsolt Kerner betont, dass der Ministerpräsident zwar die Vision vom Illiberalismus durch die christliche Demokratie ersetzt habe, sich seine politischen Kernziele aber nicht verändert hätten. Immerhin, so Kerner auf dem Nachrichtenportal 24.hu, sei er doch flexibel genug, die Terminologie zu ändern und die allgemein kritisierte Idee des Illiberalismus zugunsten der weniger polarisierenden christlichen Demokratie aufzugeben. Doch ungeachtet des diskursiven Wandels habe Orbán nach wie vor die Migration als die größte Herausforderung benannt, vor der Ungarn und Europa stehen würden. Der linksorientierte Kolumnist versteht die Rede des Ministerpräsidenten als Beleg dafür, dass er zwischen der Europäischen Union, Russland und der Türkei eine Politik des Ausgleichs betreiben wolle. Was die ungarische Innenpolitik betrifft, so vermutet Kerner, dass Orbán der Opposition ihre Attacken nicht verziehen habe und er bald einen Rachefeldzug starten könnte.

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