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Streit um Fahne mit christlichem Kreuzsymbol

27. Aug. 2018

Liberale und linke Kolumnisten kritisieren die Regierung, weil sie am 20. August eine Flagge mit einem Kreuz an der Fassade des Parlamentsgebäudes hissen ließ. Konservative Kommentatoren hingegen bezeichnen die Kritiker der Flagge als paranoid und ihre Kommentare als absurd.

Am 20. August, dem ungarischen Nationalfeiertag, hatte die Regierung das Parlamentsgebäude erstmals mit christlichen Kreuzfahnen ausstaffieren lassen. Das Amt des Ministerpräsidenten erklärte dazu, dass die (an Banner des Heiligen Stephan erinnernden) Fahnen im Einklang mit dem Geist des ungarischen Grundgesetzes gehisst worden seien, das den Schutz christlicher Werte als wichtiges staatliches Anliegen definiere.

Es sei betrüblich, dass die Regierung ihre Popularität mit Hilfe von Symbolpolitik steigern möchte, schreibt György Sebes in der Tageszeitung Népszava. Das früher von der Regierung erlassene Verbot von Symbolen totalitärer Regimes sowie des Hissens der mit einem Kreuz versehenen Fahne am 20. August sollten als ein Signal der Regierung interpretiert werden, wonach sie ein neues Wertesystem sowie Symbole kreieren wolle, denen jeder Ungar zu folgen habe, notiert der linke Publizist.

András Hont von Heti Világgazgazdaság wirft der Regierung Heuchelei vor. Die Regierung behaupte, christliche Normen zu verteidigen. In Wirklichkeit jedoch, so der liberale Kommentator, verstoße sie gegen grundlegende Normen des Christentums. Als Beispiel verweist Hont auf die Politik der Regierung gegenüber Migranten und kritisiert, dass die Behörden bereits abgelehnten Asylsuchenden in den Grenztransitzonen Nahrungsmittel verweigern würden. Auch habe die Regierung „Kurultáj“-Veranstaltungen unterstützt, die das vermeintlich gemeinsame heidnische und nomadische Erbe der östlichen Turkvölker und Ungarn feiern würden. Hont hält es für durchaus widersprüchlich, dass die Regierung einerseits das christliche Europa und Ungarn vor überwiegend muslimischen Migranten verteidigen wolle, aber zugleich andererseits das gemeinsame Erbe von Ungarn und heidnischen Nomadenvölkern feiern würde.

Auf Pesti Srácok behauptet Tamás Pilhál, dass Liberale unter einer nationalen Symbolphobie leiden würden. (Die kleine Liberale Partei hatte in einer Pressemitteilung geschrieben, dass die Präsentation der Fahne mit dem Kreuz am Parlamentsgebäude verabscheuungswürdig sei, da diese Praxis an das Gebaren der antisemitischen Imrédy-Regierung der Zwischenkriegszeit erinnern würde, die unter dem Vorwand der Verteidigung christlicher und nationaler Werte diskriminierende antijüdische Gesetze gerechtfertigt habe. – Anm. d. Red.) Merkwürdig ist laut Pilhál, dass linke und liberale Intellektuelle trotz ihrer ständigen Angst vor christlicher Symbolik gerne auf christliche Werte verwiesen, wenn sie die Einwanderungspolitik der Regierung kritisierten.

Zsolt Bayer nennt die Empörung der Linken über die Flagge einen Witz. Der regierungsfreundliche Publizist der Tageszeitung Magyar Idők hält die Behauptung für absurd, dass christliche Kirchen in Ungarn über irgendeine politische Macht verfügen würden. Das Zeigen der Flagge mit dem Kreuz sei ein revolutionärer Akt gegen den anti-nationalen und anti-religiösen kosmopolitischen Zeitgeist, so Bayer weiter. Die Kritiker der Fahne wollten sämtliche Traditionen und Identitäten zerstören und die Menschen in „liberale, gender-bewusste Verbraucherzombies“ verwandeln, echauffiert sich Bayer weiter und ergänzt: Die einwanderungsfreundlichen Christen-Kritiker verspürten gegenüber muslimischen Symbolen eine größere Affinität als gegenüber traditionell christlichen oder jüdischen.

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