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Verbot der Geschlechterforschung – ein Missverständnis?

29. Aug. 2018

Ein linker Soziologe hält es für denkbar, dass das geplante Verbot des Studienfaches Geschlechterforschung eher auf Streitigkeiten innerhalb der akademischen Welt als auf ideologische Scharmützel zurückzuführen sei.

In Népszava vertritt Pál Tamás die Auffassung, dass sowohl die Befürworter als auch die Kritiker des geplanten Verbots von Studiengängen der Geschlechterforschung (siehe BudaPost vom 15. August) die tatsächliche Natur des Konflikts grundlegend missverstehen würden. Zur Zeit brächten die Universitäten eine noch nie dagewesene Zahl an Absolventen hervor. Diese frisch gebackenen Master und Doktoren hätten es immer schwerer, einen Arbeitsplatz im akademischen Bereich zu finden. Bei den meisten von ihnen handele es sich um Frauen, während Führungspositionen in der Regel noch von (älteren) Männern besetzt seien. Die Geschlechterforschung hingegen werde überwiegend von Frauen dominiert und bilde damit eine wichtige Sprosse auf der wissenschaftlichen Karriereleiter für „weibliche Akademiker“, schreibt der Soziologe. Er vergleicht den aktuellen Konflikt mit der Eliminierung sozialanthropologischer Kurse im Jahr 2016. Die Ursache dafür sei ihre immer größere Beliebtheit gewesen, während das traditionelle Fach Ethnographie weniger und weniger Studenten angezogen habe. Allerdings hätten sich die Ethnographie-Professoren als einflussreicher erwiesen. Nach Einschätzung von Tamás muss es im Bereich der Geschlechterforschung ähnlich brodeln: „Statt der Position des Ministerpräsidenten müssen im Hintergrund Auseinandersetzungen innerhalb des akademischen Lebens gesucht werden“, schreibt der Soziologe. Wachsende oder immer populärer werdende Studiengänge „werden in der Regel von der Konkurrenz angegriffen“.

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