Orbán stellt sich der Kritik im Europaparlament
12. Sep. 2018Stunden bevor sich der ungarische Ministerpräsident einer Mehrheit der Europaabgeordneten in Straßburg stellen sollte, die den sogenannten Sargentini-Bericht unterstützt, äußern Kommentatoren in dieser Frage höchst unterschiedliche Ansichten. Bekanntlich stellt der Bericht der grünen Europarlamentarierin fest, dass „die europäischen Werte in Ungarn systematisch gefährdet werden“.
Mátyás Eörsi geht davon aus, dass die Konfrontation am Dienstag nur den Beginn eines „großen Kampfes” markieren werde. Eörsi, ehemaliger liberaler Abgeordneter und Außenminister in linksliberalen Regierungen sowie aktuell Unterstützer der Demokratischen Koalition von Ferenc Gyurcsány, interpretiert auf der Internetseite von HVG den Streit Orbáns mit dem EU-Mainstream als den Auftakt eines Showdowns zwischen den Anhängern von Humanismus und Rechtsstaatlichkeit einerseits und Nationalisten andererseits, die sich lediglich in einem einzigen Punkt einig seien: Die Zukunft Europas stehe auf dem Spiel. Aus eben diesem Grund ist Eörsi davon überzeugt, dass Letztere zum Scheitern verurteilt seien.
In Magyar Hírlap pflichtet Dániel Kacsoh seinen regierungsfreundlichen Kollegen bei, wenn er den Sargentini-Bericht als eine Sammlung von haltlosen Behauptungen bezeichnet. Allerdings konzentriert er sich diesmal auf das, was er als völlig unbegründete Rassismusvorwürfe bezeichnet. Der Bericht spreche von grassierendem Antisemitismus und wiederholten Angriffen auf jüdische Menschen und ihr Eigentum. Das sei eine reine Lüge, behauptet Kacsoh und betont, dass so etwas einfach nicht passieren würde. Ein weiterer Beweis für Antisemitismus sei die gegen George Soros gerichtete Kampagne der Regierung, so Sargentini in ihrem Bericht weiter. „Ist dann auch der israelische Premier Netanyahu ein Antisemit, da auch er mit Soros nicht übereinstimme?“, fragt Kacsoh. Der Bericht schreibe auch über mörderische von Banden verübte Gewalt an Zigeunern sowie über Patrouillen paramilitärischer Trupps in von Roma bewohnten Gebieten. Dem hält Kacsoh entgegen, dass derlei Dinge vor mehr als zehn Jahren unter der ehemaligen linksliberalen Regierung geschehen seien, aber niemals seit der Amtsübernahme der amtierenden Regierung.
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