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Ungarisch-ukrainisches Scharmützel um den Doppelpass

6. Oct. 2018

Während sich Kiew und Budapest wegen der ungarischen Doppelstaatsbürgerschaft für in der Karpato-Ukraine lebende Magyaren in den Haaren liegen, denken ein regierungsnaher Kolumnist sowie seine Kollegin aus dem linken Spektrum darüber nach, wie die Interessen der ungarischen Minderheit im nordöstlichen Nachbarland am besten geschützt werden könnten.

Am Donnerstag hat die Ukraine den ungarischen Konsul in Berehowe (Beregszász) ausgewiesen. Daraufhin hat Außenminister Szijjártó die Ausweisung eines ukrainischen Diplomaten aus Ungarn angeordnet. Die bereits zuvor bestehenden diplomatischen Verstimmungen hatten sich zusätzlich verschärft, nachdem Ende September ein YouTube-Video aufgetaucht war, in dem mit versteckter Kamera gezeigt wurde, wie Magyaren im Konsulat in Berehowe den Staatsbürgerschaftseid ablegen. In der Folge hatte das ukrainische Außenministerium Ungarn aufgefordert, in seinen Konsulaten in der Ukraine künftig keine ungarischen Staatsbürgerschaften mehr zu verleihen. Gemäß der Interpretation der Regierung in Budapest verstößt die Vergabe der ungarischen Staatsbürgerschaft in der Ukraine weder gegen ukrainisches noch gegen internationales Recht.

Levente Sitkei von Magyar Idők hält es für gerechtfertigt, wenn die Budapester Regierung die Interessen der jenseits der ungarischen Grenzen lebenden Magyaren schützt, selbst um den Preis eines diplomatischen Konflikts mit der Ukraine. Der regierungsfreundliche Kolumnist äußert den Verdacht, dass die ukrainischen Regierungsparteien Ängste im Zusammenhang mit den Magyaren schüren würden. Anlass dafür wären Hoffnungen, bei den im März stattfindenden Präsidentschaftswahlen die Stimmen nationalistischer Wähler für sich zu gewinnen. Dies geschehe durch Kritik an der ungarischen Staatsbürgerschaftspolitik sowie die Einschränkung des Gebrauchs der ungarischen Sprache im Bildungswesen. Der Kolumnist bestreitet, dass ungarische Bürger oder der ungarische Staat die territoriale Einheit der Ukraine gefährden würden. Ungarn verfüge über ausreichenden diplomatischen Einfluss, um die Interessen der Magyaren in der Ukraine zu verteidigen, notiert Sitkei.

In der Tageszeitung Népszava erklärt Mária Gál, dass das diplomatische Geplänkel Ausdruck einer Auseinandersetzung zweier nationalistischer Regierungen sei. Beide Regierungen nutzten die Gelegenheit, ihr nationalistisches Image im Kreise ihrer Anhängerschaft zu festigen. Die linksorientierte Kolumnistin räumt ein, dass das ungarische Kabinett habe reagieren und die Magyaren in der Ukraine verteidigen müssen, hält seine Vergeltungsmaßnahme jedoch für unverantwortlich. Es sei zu befürchten, dass die ukrainische Regierung Ungarn als Verbündeten Russlands betrachten werde. Um die ungarischen Minderheiten samt deren Rechte in der Ukraine zu verteidigen, sollte die Regierung in Budapest vorsichtiger agieren und eng mit der Europäischen Union zusammenarbeiten, empfiehlt Gál.

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