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Weckruf Richtung Europa

12. Oct. 2018

Eine regierungsnahe Historikerin vermutet, dass sich führende Politiker Westeuropas eine Zeit zurückwünschen, in der Osteuropa als eine Region zweiter Klasse angesehen wurde. Mögen sie sich den neuen Herausforderungen des modernen Zeitalters stellen, lautet ihr Appell.

In ihrem Blog Látószög (Blickwinkel) beschreibt Mária Schmidt das von der Trump-Präsidentschaft eingeleitete neue Zeitalter der Weltpolitik, gekennzeichnet von einem Paradigmenwechsel: Weg von der Idee einer Transformation des Globus nach dem Erscheinungsbild Amerikas (in Anlehnung an Präsident Woodrow Wilson „Wilsonianismus“ genannt – Anm. d. Red.) hin zu einer Situation, in der Länder und Allianzen ihre eigenen Strategien entwickeln müssten. In den Augen Schmidts hat sich der ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán mit seiner Idee von der illiberalen Demokratie genau daran orientiert. Demnach werde seine Regierung an der christlichen Demokratie und der sozialen Marktwirtschaft festhalten. Diese Idee könne ungehindert diskutiert werden, so die Chefin des Budapester Museums „Haus des Terrors“, doch entbinde das andere nicht von der Pflicht, ihre eigenen Alternativen zu präsentieren. Der einzige westeuropäische Staatschef, der dies gegenwärtig versuche, sei der französische Präsident Emmanuel Macron. Allerdings hält Schmidt dessen Ansatz für widersprüchlich: Einmal plädiere er für ein Europa der zwei Geschwindigkeiten, dann entwickele er von Zeit zu Zeit Pläne einer komplett föderalen Europäischen Union. Die übrigen Spitzenvertreter des westlichen Mainstream würden hingegen nicht einmal einen entsprechenden Versuch unternehmen, kritisiert die Autorin. Sie träumten mit offenen Augen von einer alten Welt, in der sie sich unter dem atomaren Schutzschirm der Amerikaner den unter der Sowjetherrschaft schmachtenden Nationen Osteuropas überlegen fühlten. Man sollte jetzt besser aufwachen, schließt Schmidt: „Für Vinylschallplatten gibt es kein Zurück. Es ist Zeit, um zum Podcast überzugehen.“

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