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Vier von fünf CEU-Studiengängen wandern nach Wien ab

5. Dec. 2018

Nachdem der Rektor der Central European University (CEU) angekündigt hatte, 49 der 59 CEU-Studiengänge nach Wien zu verlegen, gehen die Diskussionen unvermindert weiter. Vor allem wird die Frage gestellt, ob die Weigerung der Regierung, die Tätigkeit der CEU in Budapest auch künftig zu gestatten, den Interessen des Landes nützen oder schaden werde.

CEU-Rektor Michael Ignatieff hatte auf einer Pressekonferenz am Montag mitgeteilt, dass ab September des kommenden Jahres die US-akkreditierten Studiengänge nach Wien verlegt werden, da ab 1. Januar 2019 für sie keine neue Studenten in Budapest aufgenommen werden dürfen. Das US-Außenministerium brachte unterdessen seine Enttäuschung zum Ausdruck: Der US-Botschafter in Budapest, David Cornstein, sagte dem Fernsehsender RTL, dass seine fortdauernden Bemühungen, die US-akkreditierten Studiengänge in Ungarn zu halten, aufgrund der unvereinbaren Gegensätze zwischen Ministerpräsident Viktor Orbán und dem amerikanisch-ungarischen Investor und CEU-Gründer George Soros gescheitert seien. Cornstein fügte hinzu, dass die CEU eine größere Bereitschaft hätte an den Tag legen können, um eine angemessenere Lösung zu finden. Der frisch ernannte Regierungssprecher István Hollik bezeichnete den Abschied der CEU als „Bluff“, da sie auch weiterhin Studiengänge in Budapest anbieten werde.

Csilla Korompay führt in Magyar Hírlap einen Bericht der Washington Post über ein Treffen in der US-Botschaft an, bei dem der Botschafter gesagt haben soll, dass die CEU in Anbetracht ihrer bescheidenen Größe nicht mit den großen amerikanischen Universitäten verglichen werden könne. Folglich sei es doch verwunderlich, dass sich die Streitfrage zu „einer so großen Sache“ ausgewachsen habe. Korompays Antwort liest sich wie folgt: Was die CEU für so viele einflussreiche Personen so wichtig mache, seien ihre Netzwerke. Anders ausgedrückt, die CEU sei Weltklasse in „Sachen Bluff“, so Korompay. Deshalb falle es ihren Alumni leicht, Jobs zu finden, und deshalb würden die Medien „herumposaunen“, wie glücklich sich Wien schätze, die CEU beherbergen zu können. Tatsächlich seien die Wiener nicht glücklicher als die Budapester unglücklich, dass die CEU Studiengänge in die österreichische Hauptstadt verlegen würde, meint Korompay abschließend.

In einer scharf formulierten Reaktion beschreibt Gellért Oláh von 888 die CEU als „illegal operierende Diplomvergabefabrik“. Bei ihrem US-Campus, der für ihre Legalisierung hätte sorgen sollen, handele es sich um einen einzigen kleinen Pavillon und die Einhaltung der neuen Rechtsvorschriften sei deshalb vollkommen fiktiv. In der Überschrift von Oláhs Kommentar wird die Abwanderung der CEU als „die beste Nachricht der Woche“ bezeichnet.

Die Gleichgültigkeit rund um diese Angelegenheit sei verheerend, schreibt Gergő Plankó in einer in bitterem Ton gehaltenen Kolumne für 444. Am Montagnachmittag hätten sich lediglich 40 Personen vor dem CEU-Gebäude versammelt und mindestens zehn davon seien Reporter gewesen, ruft Plankó in Erinnerung. Auch kritisiert er den US-Botschafter in Ungarn scharf. Er verharmlose das Geschehen, wenn er es als Ausdruck einer persönlichen Fehde zwischen den Herren Orbán und Soros darstelle.

In einem ihrer eher seltenen politischen Kommentare beklagt Blikk die Abwanderung der meisten CEU-Studiengänge aus Budapest als Lehrstück dafür, warum Bildung nicht zum Objekt politischer Ränkespiele verkommen sollte. Dieser „Prestige-Kampf“, heißt es in dem Boulevardblatt, hätte auf so vielen anderen Feldern stattfinden können. Dies sei nicht geschehen und so gebe es allerorten nur Verlierer. Ungarn verliere Professoren und Studenten. „Wir sind nicht gut genug, um uns das leisten zu können“, so die Verfasser des Leitartikels.

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