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Weitere Stimmen zum Jahrestag der Nagy-Wiederbestattung

19. Jun. 2019

Ein Kommentator des linken Spektrums kritisiert Ministerpräsident Viktor Orbán, weil er dem Grab von Imre Nagy lediglich einen privaten Besuch abgestattet habe. Eine solche Art des symbolischen Bürgerkrieges werde in Ungarn noch jahrzehntelang andauern, meint dazu ein Kolumnist aus dem regierungsfreundlichen Lager.

Róbert Friss verweist in Népzava auf einen Widerspruch in den Haltungen von Viktor Orbán: Da gebe es einerseits die anlässlich der Wiederbestattung des Märtyrers Imre Nagy vor dreißig Jahren an den Tag gelegte Gesinnung und andererseits sein Gebaren vom vergangenen Jubiläumssonntag. Orbáns berühmte Rede vom 16. Juni 1989 über Autokratie und Freiheit habe er vor einer riesigen Menschenmenge gehalten. Am vergangenen Sonntag wiederum sei er allein – lediglich in Begleitung seiner Ehefrau – zum Friedhof gegangen, um Imre Nagy zu würdigen. „Gloria vivtis“ (Ehre den Besiegten) habe Orbán auf seiner Facebook-Seite geschrieben, was Friss zu der Anmerkung verleitet, dass er sehr gerne Viktor Orbán unter den Besiegten sehen würde, allerdings „in keinem Fall in der Weise, wie Imre Nagy von den Kommunisten behandelt wurde, die er verlassen hatte“.

Von den rivalisierenden politischen Lagern würden einander widersprechende Narrative über den Kommunismus und den Systemwandel propagiert, stellt Boton Bálint auf Pesti Srácok fest. Die Nachkommen einstiger prominenter Reformkommunisten würden glauben, dass gerade ihre Eltern am meisten unter dem Kommunismus gelitten hätten. Ihnen gebührten die Lorbeeren für den Systemwandel. Zudem gingen sie davon aus, dass es nur eine einzige akzeptable Darstellung der Geschehnisse gebe – nämlich ihre, hebt Bálint hervor. Mittlerweile hätten sie sich mit den Erben der Kommunistischen Partei verbündet, die – anstatt sich ins Privatleben zurückzuziehen – noch immer politische Macht beanspruchen würden. Dies sei der Grund dafür, dass in Ungarn für „wer weiß, wie lange noch“ ein kalter Bürgerkrieg wüten werde, orakelt Bálint abschließend.

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