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Die politische Landschaft nach den Kommunalwahlen

16. Oct. 2019

Analysten aller politischen Couleur fragen sich, ob die Kommunalwahl vom vergangenen Sonntag wohl einen Neuanfang und die Wiederauferstehung des Zweiparteiensystems in Ungarn markieren könnte.

Die Kommunalwahl habe das Land verändert, konstatiert Robert Friss in der Tageszeitung Népszava. Der linksorientierte Kommentator räumt zwar ein, dass der Fidesz nach wie vor die stärkste Partei des Landes sei. Dennoch habe die Opposition begriffen, dass, wolle sie den Fidesz besiegen, man die eigenen Kräfte bündeln müsse. Der Urnengang vom Sonntag habe der Regierungspartei und dem „System der nationalen Zusammenarbeit“ einen schweren Schlag versetzt. Friss äußert die Hoffnung, dass die mit der Regierung unzufriedenen Wähler „das Land Schritt für Schritt zurückerobern werden“.

Gellért Rajcsányi vom Nachrichtenportal Mandinder schlussfolgert: „Das Zweiparteiensystem ist wieder da.“ Rajcsányi erinnert daran, dass für die Opposition insgesamt nur etwas weniger Stimmen abgegeben worden seien als für den Fidesz – sogar im Vergleich zu den Parlamentswahlen 2018 und den diesjährigen Europawahlen. Daher könne es kaum verwundern, dass die gemeinsam angetretenen Kandidaten der Opposition den Fidesz in fast der Hälfte der Städte haben besiegen können, stellt der konservative Autor fest und ergänzt: Oppositionsanhänger würden offenbar den Gedanken an eine breit angelegten Koalition sämtlicher Oppositionskräfte akzeptieren und für jeden von ihnen aufgestellten Kandidaten stimmen.

Die Opposition habe besser als von allen erwartet abgeschnitten, lautet das Fazit von Gábor Török auf seiner Facebookseite. Er fährt fort: Die Macht des Fidesz sei erschüttert und falls die Regierungspartei die Niederlagen in den Großstädten nicht ernst nehmen sowie ihre Strategie ändern sollte, könnte sie 2022 von der Opposition besiegt werden.

In Magyar Idők gibt Gábor Bencsik seine Vermutung zu Protokoll, dass der Fidesz nach wie vor die stärkste Partei sei, auch wenn sie bei den Sonntagswahlen keine Zwei-Drittel-Mehrheit habe erreichen können. Trotz des unerwarteten Sieges der Oppositionskandidaten in den Großstädten hätten sich die Machtverhältnisse nicht verändert, schreibt der regierungsnahe Publizist. Als mögliche Erklärung verweist Bencsik auf im Land lebende Staatsangehörige aus EU-Ländern. Der Autor fragt sich, ob die 100.000 Personen starke Gruppe von bei Kommunalwahlen stimmberechtigten EU-Bürgern in einigen Bezirken das Gleichgewicht zugunsten oppositioneller Wähler wohl habe beeinflussen können. Bencsik bezweifelt zwar, dass die Opposition die aktuell praktizierte umfassende Kooperation problemlos werde aufrechterhalten können. Dessen ungeachtet stellt er fest, dass die Regierung ihre Strategie überarbeiten müsse, um das städtische Wahlvolk zurückzugewinnen.

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