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Polt bleibt Generalstaatsanwalt – Handó wird Verfassungsrichterin

6. Nov. 2019

Eine linksorientierte Kommentatorin bezeichnet sowohl den Generalstaatsanwalt als auch die neue Verfassungsrichterin als umstrittene Persönlichkeiten, die dem Rechtsstaat in Ungarn Schaden zugefügt hätten. Ein regierungsnaher Kolumnist hingegen lobt ihre bisherige Arbeit.

Am Montag hat das Parlament Péter Polt für weitere neun Jahre in seiner Funktion als Generalstaatsanwalt Ungarns bestätigt. Es ist damit seine dritte Amtsperiode. Des weiteren wurde Tünde Handó, die bisherige Präsidentin des Landgerichtsamtes (OBH), für zwölf Jahre zur Verfassungsrichterin gewählt. Die regierende Koalition aus Fidesz und Christdemokraten verfügt über die für die Wahl dieser beiden Schlüsselpositionen nötige parlamentarische Zweidrittelmehrheit. Die Abgeordneten der Opposition boykottierten die Abstimmung oder stimmten gegen beide Kandidaten.

Nóra Diószeghy-Horváth betrachtet die Ernennung der beiden Beamten als Beweis dafür, dass der Fidesz nicht vor dem aggressiven Einsatz seiner qualifizierten Mehrheit zurückschrecke, um seinen Willen auch gegen ernste Bedenken seitens der Opposition durchzusetzen. Auf Mérce wirft die Kommentatorin Polt massive politische Voreingenommenheit vor. Zur Begründung verweist sie auf das umstrittenen Geschäft mit sogenannten „Niederlassungsobligationen“ oder von der EU-Antibetrugsagentur OLAF benannte Fälle, in die Personen mit Verbindungen zur Regierung verwickelt gewesen sein sollen. Jedes Mal habe Polt keinen Anlass für Ermittlungen gesehen, beklagt Diószeghy-Horváth. Und mit Blick auf Handó erinnert die Autorin an wiederholte Vorwürfe von Seiten des Nationalen Justizrats – einem von den Richtern des Landes gewählten Organ. So habe sie „willkürlich Richter in Spitzenpositionen gehoben sowie Fälle von einem Gericht zum anderen verschoben“. Keine der beiden Persönlichkeiten verdiene es, auf Posten gewählt zu werden, die für die Rechtsstaatlichkeit in Ungarn so wichtig seien, betont Diószeghy-Horváth.

In Magyar Nemzet hingegen vertritt Áron Nagy die Ansicht, dass es sowohl Handó als auch Polt verdient hätten, in Schlüsselpositionen gewählt zu werden. Unter Polt hätten 95 Prozent der Anklagen zu entsprechenden Gerichtsurteilen geführt, wobei in 80 Prozent der Verfahren die von Staatsanwälten geforderten Strafen verhängt worden seien. Von den durch OLAF gemeldeten Fällen seien in den letzten sieben Jahren 45 Prozent untersucht worden, was über dem EU-Durchschnitt (36 Prozent) liege, notiert Nagy. Die Auseinandersetzungen Handós mit leitenden Richtern führt der regierungsnahe Autor auf ihr Bestreben zurück, neue Richtergenerationen zu etablieren. Damit habe sie ein Netzwerk auflösen wollen, zu dem sich geschlossene Cliquen von Personen zusammengefunden hätten, die lokalen Oberrichtern unterstellt seien. Meinungsführer der Opposition hätten Handó oft gepriesen, weil sie häufig Gerichtsurteile gegen Medienkritik verteidigt habe, doch werde sie von denselben Leuten immer dann als Vertreterin der Regierung bezeichnet, wenn ihre Entscheidungen nicht im Einklang mit den Interessen der Opposition stünden, bemängelt Nagy.

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