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Türkisch-ungarischer Gipfel in Budapest

9. Nov. 2019

Die meisten Medienberichte über den eintägigen Besuch des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan fokussieren sich auf die umfangreichen Straßensperrungen, die das Budapester Stadtzentrum stundenlang lahmgelegt haben. Mit Blick auf inhaltliche Aspekte der Visite argumentiert die wichtigste regierungsnahe Tageszeitung, dass Ungarn mit seinen Beziehungen zu Ankara nationalen Interessen folge – eine Erklärung, die eine oppositionelle Tageszeitung nicht nachvollziehen kann.

Auf dem Nachrichtenportal 24.hu stellt Dávid Molnár fest, dass die Andrássy út – eine der wichtigsten Verkehrsachsen der Hauptstadt – am Donnerstag angesichts beispielloser Sicherheitsvorkehrungen zweimal komplett entvölkert worden sei. Jedes Mal hätten die Menschen ihre Häuser oder Restaurants über eine Stunde lang nicht verlassen dürfen. Zu allem Überfluss seien auch noch Straßen- und U-Bahnen angehalten worden.

Tamás Pihál vom regierungsnahen Portal Pesti Srácok bezeichnet die Tausende von Anti-Erdoğan-Demonstranten, von denen einige die Flagge der in Syrien operierenden kurdisch-marxistischen Miliz YPG – dreieckig gelb und mit rotem Stern versehen – trugen, als „Idioten“. Sie wünschten von der Regierung die Übernahme ihrer Sicht der Dinge, wonach sämtliche Türken böse und folglich alle Kurden Engel seien. Übrigens seien Erdoğan und Putin auch von früheren linken Regierungen freundlich empfangen worden, erinnert Pilhál.

In ihrem in Magyar Nemzet erschienenen Bericht über den Gipfel weist Loretta Tóth noch auf einen anderen Aspekt hin. So habe Ungarn nicht nur ein gemeinsames Interesse an wirtschaftlicher Zusammenarbeit. Vielmehr unterhalte das Land auch deswegen gute Beziehungen zur Türkei, weil – wie Ministerpräsident Orbán es formuliert habe – es ohne sie unmöglich wäre, die massenhafte Einwanderung nach Europa aufzuhalten.

In seinem Kommentar weist Róbert Friss die These zurück, dass die Regierung mit ihren Kontakten zu Erdoğan dem nationalen Interesse diene. Die nationalen Interessen – so Friss in Népszava – würden Ungarns Position auf Seiten der Nato und der Europäischen Union gebieten, die mit der türkischen Regierung über Kreuz lägen.

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