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Oppositionsstädte – Basis für den Sieg bei Parlamentswahlen

23. Dec. 2019

Eine liberale Wochenzeitung begrüßt das Bündnis liberal geführter osteuropäischer Städte als Wegbereiter möglicher Regierungswechsel in der gesamten Region. Ein konservativer Verfassungsjurist erinnert die Stadtoberhäupter daran, dass sie nunmehr ihre Regierungsfähigkeit unter Beweis stellen müssten, um sich zu einem Herausforderer für die amtierende Regierung aufzuschwingen.

In ihrem Wochenleitartikel erinnert Magyar Narancs daran, dass das Magazin im vergangenen Herbst angesichts der Wahl eines Liberalen zum Bürgermeister von Bratislava weitere Erfolge der Opposition in der Slowakei prognostiziert habe. Genau das sei in diesem Jahr eingetreten, zuerst bei den Wahlen zum Europäischen Parlament, dann bei den Präsidentschaftswahlen, die von der liberalen Umweltschützerin Zuzana Čaputová gewonnen worden seien. Die Macher des Wochenjournals äußern die Hoffnung, dass die geeinte Opposition bei den für Februar nächsten Jahres anberaumten Parlamentswahlen im Nachbarland siegreich sein werde.
Im Folgenden begründen sie ihre Themenauswahl für den vorliegenden Leitartikel. Demnach befasse man sich mit einer innenpolitischen Frage der Slowakei angesichts der Tatsache, dass die ungleichen, aber doch vereinten Oppositionsparteien Ungarns im Oktober in elf großen Städten Ungarns die Regierenden besiegt hätten. Außerdem habe der neue Budapester OB als Gastgeber einer Konferenz der hauptstädtischen Bürgermeister aus den vier Visegrád-Staaten fungiert – allesamt Liberale. Obwohl ihr erstes Treffen und die daraufhin erfolgte Proklamation eines gemeinsamen Bündnisses im Grunde genommen symbolisch zu verstehen seien, könnten laut Magyar Narancs die hinter ihnen stehenden politischen Kräfte in der Lage sein, „den im Grunde negativen politischen Prozess, der sich in der Region vollzieht“, umzukehren.

In einem Interview mit 168 Óra warnt der aus dem Amt scheidende Verfassungsrichter István Stumpf die neu gewählten oppositionellen Bürgermeister und die hinter ihnen stehenden Parteien, dass sie ihre Ämter eher der Unzufriedenheit vieler städtischer Wähler mit der Regierung als ihrer eigenen Leistung zu verdanken hätten. Bisher seien Oppositionspolitiker mit der Inszenierung provokatorischer Spielchen im Parlament aufgefallen. Nun jedoch, da einige von ihnen zu Führern wichtiger Städte gewählt worden seien, wäre es an der Zeit, den Test in Sachen Regierungsfähigkeit zu bestehen.
Als ehemaliger Schlüsselminister im ersten Orbán-Kabinett 1998 bis 2002 gibt Stumpf Einblicke in die Politik des Ministerpräsidenten, die auf die Förderung einer Gruppe von Unternehmern abzielt – ein Unterfangen, das von seinen Gegnern als Vetternwirtschaft bezeichnet wird, die zu weit verbreiteter Korruption geführt habe. Stumpf erinnert sich, wie der Regierungschef Ende der 1990er und Anfang der 2000er Jahre zur Ausformung einer einheimischen Kapitalistenklasse mit acht oder zehn herausragenden Unternehmern habe beitragen wollen. Eine solche Gruppe von einheimischen Großunternehmen habe damals in den Nachbarländern existiert und Orbán es für unerlässlich gehalten, ein Netz aus Unternehmen zu schaffen, die ein starkes Interesse daran hätten, das Regime zu unterstützen und sicherzustellen, dass das Land nicht wirklich von ausländischen Gläubigern abhängig werden sollte, erklärt Stumpf.

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