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Polizei verhört vermeintliche Verbreiter von Fake News

15. May. 2020

Die ungarische Polizei hat zwei Personen wegen regierungskritischer Facebook-Posts verhört und dann auf freien Fuß gesetzt. Vor diesem Hintergrund finden sich drei liberale Kommentatoren in ihren Befürchtungen bestätigt, dass das neue Gesetz zum Thema Fake News die Meinungsfreiheit bedrohe.

Nach Angaben linker und liberaler Medien hat die Polizei in dieser Woche zwei Autoren von Facebook-Kommentaren wegen der Verbreitung gefälschter Nachrichten (Fake News) in Gewahrsam genommen und verhört. Einer von ihnen hatte sich in einem ausführlichen Beitrag die Frage gestellt, wie die durch den Coronavirus bedingten Einschränkungen ausgerechnet jetzt, da die Pandemie nach Angaben des Ministerpräsidenten gerade ihren Höhepunkt erreicht habe, gelockert werden könnten. Zudem verglich er Viktor Orbán mit einem Diktator. Der andere Festgenommene hatte geschrieben, dass die Regierung in seinem Wohnort mehr als 1.000 Krankenhausbetten frei gemacht habe.
Gemäß dem neuen „Fake News-Gesetz“ der Regierung können Personen, die Falschmeldungen verbreiten, die den Kampf gegen die Pandemie untergraben könnten, zu Gefängnisstrafen von bis zu fünf Jahren verurteilt werden (siehe BudaPost vom 25. März). Nach der Vernehmung befand die Staatsanwaltschaft die Vorwürfe in beiden Fällen als unbegründet.
Gegenüber dem Nachrichtenportal 444 erklärte die Anklagebehörde, dass keine der Personen falsche Tatsachen verbreitet habe, die den Kampf gegen die Pandemie in irgendeiner Weise behindert hätten. In einer separaten Pressemitteilung teilte die Polizei mit, dass sie bisher mehr als 100 Verfahren zur Verbreitung gefährlicher Fake News eingeleitet habe. In sechs Fällen seien staatsanwaltliche Ermittlungen eingeleitet worden. Die Polizei erklärte zudem, dass sie sich künftig an die von der Staatsanwaltschaft vertretene Interpretation halten werde.

Gergely Nyilas und Luca Pintér betrachten die beiden Fälle als Beweis, dass die Bedenken hinsichtlich des neuen Gesetzes der Regierung über Fake News gerechtfertigt gewesen seien (siehe BudaPost vom 27. März). Auf Index stimmen die liberalen Kommentatoren mit dem Helsinki-Komitee darin überein, dass das Gesetz sowie mögliche polizeiliche Maßnahmen einen „abschreckenden Effekben, dass Ungarn nicht mehr als ein demokratisches Land betrachtet werden könne, in dem niemand wegen seiner Meinung von den Behöt“ auslösen und die Ungarn davon abhalten sollten, sich kritisch über die Regierung zu äußern. In einem der beiden Fälle habe die Staatsanwaltschaft am Mittwochmorgen keine strafbare Handlung erkennen können, teilen die beiden Autoren mit.

Auch Gergő Plankó von 444 vertritt die Ansicht, dass die Befragung der beiden Personen wegen ihrer Facebook-Kommentare das Ergebnis der Arbeit „übereifriger lokaler Polizisten“ gewesen sei. Die beiden Vorfälle, so der liberale Kommentator, bewiesen jedoch, dass das Gesetz über gefälschte Nachrichten von den Behörden dazu benutzt werden könne, Kritiker der Regierung zu bedrohen und zum Schweigen zu bringen. Plankós Kommentar wurde wenige Stunden vor der Entscheidung der Staatsanwaltschaft verfasst, das von der Polizei eingeleitete Verfahren nicht weiter zu verfolgen. Zu diesem Zeitpunkt also hatte der Autor geschrieben, dass Ungarn nicht mehr als ein demokratisches Land betrachtet werden könne, in dem niemand wegen seiner Meinung von den Behörden schikaniert werde.

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