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Showdown bei Jobbik

25. May. 2020

Zwei Kommentatoren aus dem rechten Spektrum verstehen die Machtkämpfe innerhalb der ehemals rechtsradikalen Partei als eine direkte Folge ihrer Mäßigung, die bereits vor fünf Jahren unter dem Jobbik-Gründungsvorsitzenden Gábor Vona ihren Anfang genommen hatte.

Die Jobbik-Parlamentsfraktion hat eines ihrer führenden Mitglieder zu einem Mandatsverzicht aufgefordert. Zuvor hatte Andrea Varga-Damm ihren Fraktionskolleginnen und -kollegen geraten, für einen von der Regierung eingebrachten Gesetzentwurf zu votieren. Dieser hätte den für die Bekämpfung der Internetkriminalität zuständigen Behörden weitreichende Vollmachten bei der Überwachung von Internetusern eingeräumt. Darüber hinaus forderte die Fraktion den ehemaligen Parteivorsitzenden Tamás Sneider auf, als stellvertretender Parlamentspräsident zurückzutreten. Da sich sowohl Varga-Damm als auch Sneider weigerten, den Rücktrittsforderungen nachzukommen, könnte ihnen nunmehr ein Ausschluss aus der Jobbik-Fraktion drohen.

Der Jobbik-Vorsitzende Péter Jakab vollende mit der „Dezimierung der Überreste seiner Partei“ lediglich das, was Gábor Vona 2015 initiiert habe – die Verwandlung einer Bewegung mit faschistischen Symbolen in eine liberale Truppe. Das schreibt Dániel Kacsoh in der regierungsnahen Tageszeitung Magyar Hírlap. Für ihn ist es nicht ohne Ironie, dass der ehemalige Skinhead Sneider, dessen Vergangenheit vor sechs Jahren bei seiner Ernennung zum stellvertretenden Parlamentspräsidenten heftige Proteste der Linken ausgelöst habe, nunmehr unter dem Druck autokratischer Parteispitzen, nicht jedoch aufgrund irgendeiner Antifa-Kampagne seinen Job wohl werde quittieren müssen. Kacsoh versichert seinen Lesern, dass er keinerlei Mitleid mit den Verlierern des innerparteilichen Machtkampfes empfinde. Die sich für ihn aus dem Fall ergebende Lehre lautet: Es wäre ein Fehler, die von Jobbik gegen die Regierung erhobenen Vorwürfe des Autoritarismus ernst zu nehmen.

Wäre doch Jobbik überhaupt nie auf der politischen Bühne erschienen, seufzt Gellért Rajcsányi in einem Beitrag für Mandiner. Während des ersten Jahrzehnts des neuen Jahrtausends, als das Land von mehreren linksliberalen Kabinetten falsch regiert worden sei, habe Jobbik in Vertretung einer neuen Generation an Stärke gewonnen – einer Generation, die sich mit den aufgrund einer verfehlten Regierungspolitik ins Hintertreffen geratenen Massen solidarisiert habe.
Leider, so fährt Rajcsányi fort, habe Jobbik die Unzufriedenheit des Volkes mit Hilfe rechtsextremer Rhetorik zum Ausdruck gebracht. Auch dies habe zur tiefen Spaltung der ungarischen Politik beigetragen.
In einer überraschenden Kehrtwende um das Jahr 2015 herum habe der Vorsitzende Gábor Vona seine Partei in der Hoffnung Richtung Mitte dirigiert, bis zu den Wahlen 2018 die stärkste politische Kraft zu werden. Seine Hoffnungen hätten sich nicht erfüllt, woraufhin er zurückgetreten sei und nunmehr öffentliche Ereignisse in gelegentlichen Videoblogs kommentiere.
Mittlerweile habe sich der rechte Jobbik-Flügel abgespalten, während die übrigen Abgeordneten die Säuberungen ihrer Reihen nicht aufgegeben hätten. Die Rolle, die sie jetzt in der Politik spielen würde, so Rajcsányi, bestehe darin, dem ehemaligen Ministerpräsidenten Ferenc Gyurcsány, dem unbeliebtesten Politiker des Landes, dabei zu helfen, erneut Regierungschef zu werden. Sie hätten sich zu Gyurcsánys „nützlichen Idioten“ gemausert, ätzt Rajcsányi abschließend.

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