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Streit über das Rechtsstaatlichkeitsprinzip schwierig zu lösen

19. Nov. 2020

Ein regierungsfreundlicher Kommentator befürchtet, Brüssel könnte mit Hilfe rechtsstaatlicher Verfahren versuchen, die Ungarn zur Aufgabe ihrer Lebensweise zu zwingen. Beiden Seiten dürfte ein Rückzieher in dieser Frage schwerfallen, vermutet ein Kollege aus dem linken Spektrum.

Am Dienstag hat Ministerpräsident Viktor Orbán die Befürchtung geäußert, dass für Brüssel Rechtsstaatlichkeit gleichbedeutend sei mit der Aufnahme illegaler Migranten. In seiner Erklärung erläuterte Orbán den EU-Partnern die Absicht Ungarns, das Coronavirus-Rettungsprogramm sowie den nächsten Siebenjahreshaushalt per Veto blockieren zu wollen, falls die Union weiterhin auf einem Junktim zwischen Rechtsaatlichkeit und Auszahlung von EU-Geldern an die einzelnen Mitgliedsstaaten bestehen sollte (siehe BudaPost vom 18. November).

Auf dem regierungsnahen Nachrichtenportal Origo äußert sich der Direktor des Petőfi Literaturmuseums, der Schriftsteller Szilárd Demeter. Er argwöhnt, dass uns die Europäische Union unter dem Deckmantel rechtsstaatlicher Vorgaben „sagen möchte, was wir denken sollen“. Die genauen Kriterien, an denen die Union die Einhaltung der Rechtsstaatlichkeit zu messen gedenke, blieben unklar, kritisiert Demeter und fügt hinzu, dass unter ihnen neue Konzepte wie die so genannten LGBTQ-Rechte zur Geltung kämen. Auch könnten die Mitgliedsstaaten in einem weiteren Schritt möglicherweise zu einer unkontrollierten massenhaften Aufnahme von Migranten gezwungen werden. Das könnte uns das Ende der Rechtsstaatlichkeit bescheren, da die LGBTQ-Rechte von Migranten mit Füßen getreten würden – ganz zu schweigen von den Gefahren, die sie für die jüdische Gemeinschaft darstellen könnten, notiert Demeter.

Zsolt Kerner geht davon aus, dass die Regierung den neuen Rechtsstaatsmechanismus als Angriff auf ihr Regierungssystem interpretiere. Zu Recht, fügt er auf 24.hu hinzu, denn dieses System beruhe auf der Missachtung des Rechtsstaats, zumindest aber auf seiner Relativierung. Der ungarische Ministerpräsident habe eine Strategie der frontalen Konfrontation mit der Union in der Hoffnung gewählt, dass sich Kompromissbereitschaft zur Überbrückung von Gräben durchsetzen werde. Allerdings sei die Stimmung in Brüssel diesmal düsterer als gewöhnlich, vermutet der regierungskritische Kolumnist und fährt fort: Sollte sich die ungarische Regierung durchsetzen, würde der Haushalt wahrscheinlich mit einem Veto des Europäischen Parlaments belegt werden.

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