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Grundgesetznovelle passiert das Parlament

17. Dec. 2020

Während die Opposition vor allem diejenigen Verfassungsänderungen attackiert, die die Rechte von Homosexuellen betreffen, glaubt ein Analyst aus der politischen Mitte, dass sich die Regierungsgegner das falsche Ziel für ihre Kritik auserkoren hätten.

Im Rahmen der mittlerweile bereits neunten Änderung des Grundgesetzes in ebenso vielen Jahren hat das ungarische Parlament am Dienstag den Begriff der Ehe als „die Verbindung zwischen einem Mann und einer Frau“ definiert. Demnach ist in einer Familie „der Vater ein Mann und die Mutter eine Frau“. In einem separaten Gesetz wurde festgeschrieben, dass in der Regel nur verheiratete Paare zur Adoption von Kindern berechtigt sein können. (Gleichgeschlechtliche Paare dürfen sich in einer Lebenspartnerschaft zusammenschließen, jedoch nicht heiraten.)

In einer ersten und dabei hochemotionalen Reaktion auf die Grundgesetznovelle kritisiert Kriszta D. Tóth die Regierenden für „den Versuch, den Menschen vorzuschreiben, wie sie ihr persönliches Leben zu führen haben“. Und weiter beklagt die Chefredakteurin des Online-Magazins WMN: „Sie stigmatisieren Menschen aufgrund ihrer Gefühle, Gedanken, Wünsche und Überzeugungen.“

Márton Pál lässt in seinem Videobericht ein schwules Paar zu Wort kommen. In dem Video – veröffentlicht auf Szabad Európa (Freies Europa), einer dieses Jahr von Radio Liberty/Free Europe ins Leben gerufen Multimedia-Website (siehe BudaPost vom 2. März) – erklären die beiden, dass ihnen die Adoption eines Kindes unmöglich sei, weil das Gesetz eine solche Möglichkeit künftig von der Entscheidung des zuständigen Ministers abhängig mache. (Das Gesetz bestimmt Singles als nicht automatisch zur Adoption von Kindern berechtigt – und gleichgeschlechtliche Paare sind rechtlich gesehen ein Paar von Singles – Anm. d. Red.) Katalin Novák, Ministerin für Familienangelegenheiten, äußert im selben Bericht: Nichts sei natürlicher als die Vorstellung, dass die Ehe die Verbindung von einem Mann und einer Frau und der Vater dabei ein Mann, die Mutter hingegen eine Frau sei.

Die politische und mediale Opposition habe ihr Ziel verfehlt, notiert der politische Analyst Attila Tibor Nagy auf Index. Gemäß ihrem bisherigen Narrativ befinde sich die Regierung auf dem Weg zum vollständigen Autoritarismus. Die aktuelle Novelle hätten ihnen Munition geben können, um dieses Narrativ zu bestätigen. So werde zum Beispiel die Ausrufung des Ausnahmezustands erleichtert. Stattdessen zielten die ersten Angriffe der Opposition auf das Thema der gleichgeschlechtlichen Ehe und spielten damit der Regierung in die Hände. Tatsächlich seien die Ungarn in diesen Fragen konservativ und hätten stets solchen Parteien eine Mehrheit verweigert, die sich vorbehaltlos für die Übernahme „solch moderner westlicher Werte“ einsetzten würden, betont Nagy.

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