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Wochenmagazine zum Absturz des MEP Szájer

7. Dec. 2020

Die Meldungen um den Skandal des Europaabgeordneten József Szájer ereilten die Wochenzeitungen zu Redaktionsschluss. Eine von ihnen konnte die Angelegenheit jedoch noch frisch in ihrer Druckausgabe kommentieren. Eine andere bewertete das Schicksal des auf einer Brüsseler Männersex-Party erwischten Fidesz-Politikers auf ihrer Website.

Für den Magyar Hang-Leitartikler Szabolcs Szerető ist dieser Fall gravierender als der Skandal um die Ausschweifungen des ehemaligen Bürgermeisters von Sopron (siehe z.B. BudaPost vom 8. November 2019). Bürgermeister Zsolt Borkai habe in der Tat leicht ausgetauscht werden können, während Szájer eine der wenigen Personen sei, die die Politik des Fidesz aktiv beeinflusst habe und ein gleichberechtigter Partner des Ministerpräsidenten gewesen sei. Er habe den zurückliegenden 30 Jahren ungarischer Politik seinen Stempel aufgedrückt. Europäische Politiker hätten ihn aufgrund des Tiefgangs seines Intellekts sowie seiner Autorität respektiert. Der Ministerpräsident, so Szerető weiter, habe in dieser kritischen Phase, in der er in eine erbitterte Auseinandersetzung mit der Europäischen Union verwickelt sei, einen wichtigen Verbündeten verloren.
Auf persönlicher Ebene hält Szerető den Sturz Szájers für tragisch, obwohl er seine Teilnahme an der Homosexuellen-Orgie in Brüssel abstoßend findet. In einem einzigen Augenblick sei die Arbeit mehrerer Jahrzehnte den Bach runtergegangen. Das unwürdige Ende seiner politischen Karriere werfe auch einen Schatten auf sein Vermächtnis, einschließlich des Grundgesetzes, dessen Hauptautor er gewesen sei, notiert Szerető.

In einem Interview mit Heti Világgazdaság weist der Politologe Péter Krekó darauf hin, dass der Szájer-Skandal der Opposition die Gelegenheit biete, das Lieblingsthema des Fidesz, nämlich die Repräsentation christlicher Werte, als reine Heuchelei darzustellen. Sexskandale, so der liberale Politologe, verbreiteten sich in der Regel wie ein Lauffeuer, und die einzige Frage für die Opposition laute jetzt: Wie lasse sich die Geschichte am Leben erhalten?
Krekó rät, die Opposition möge diesen Fall sowie die früheren um den Soproner Bürgermeister Borkai in einer Gesamtdarstellung zusammenfassen. Die Regierung werde versuchen, den Fall als den Fehltritt einer Einzelperson darzustellen, die nichts mehr mit dem Fidesz gemeinsam habe. Und obwohl Regierungskreisen nahestehende Medien die Anhänger der Regierung problemlos erreichen könnten, verbreiteten sich solche Geschichten unweigerlich im Internet und könnten nachhaltigen Schaden anrichten, unterstreicht Krekó und sagt voraus, dass die Regierungsseite nun unter den Oppositionspolitikern nach vergleichbaren Übeltätern Ausschau halten werde, weswegen Ungarn mit dem Näherrücken der Parlamentswahlen 2022 harte Kommunikationsgefechte bevorstehen dürften.

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