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Fidesz sucht einen neuen Rechtsblock in Europa

29. Mar. 2021

Vor rund zehn Tagen waren die Wochenzeitungen bereits in den Druck gegangen, als die Nachricht vom Austritts des Fidesz aus der Europäischen Volkspartei bekannt wurde. Deswegen folgen die entsprechenden Analysen zum Thema erst mit einwöchiger Verzögerung.

Möge das neue Rechtsbündnis, das der Fidesz in Europa schmieden wolle, die Europäische Union vor dem Untergang bewahren, hofft András Bencsik. In einem Artikel des Wochenmagazins Demokrata wirft dessen Chefredakteur der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel vor, die gesamte Union in eine Sackgasse geführt zu haben, indem sie Konflikten mit den immer stärker werdenden Progressiven ständig ausgewichen sei. Sie habe in einer Koalition mit den Sozialdemokraten regieren müssen, wobei die regierenden Christdemokraten in diesen langen Jahren der Kohabitation ihre Identität verloren hätten. Mittlerweile wagten sie es nicht mehr, sich gegen die massenhafte Einwanderung oder gegen „abartige sexuelle Praktiken“ zu stellen.
Der der ungarischen Regierung nahestehende Publizist verurteilt auch die Europäische Union, weil sie sich der Zulassung bewährter COVID-19-Impfstoffe von außerhalb der EU verweigere, um die Interessen großer Pharmakonzerne zu schützen. Mittlerweile sei ein verstärktes Impfgeschehen zur Frage von Leben und Tod geworden. Da sich der Mainstream beim Krisenmanagement als unfähig erwiesen habe, so Bencsik, könnte sich eine neue und nicht durch politische Korrektheit paralysierte Gruppe als strategisch wichtig erweisen. Sie könnte Europa vor dem Untergang bewahren, falls sie den Mut aufbringen sollte, die entscheidenden Fragen zu stellen und die richtigen Antworten zu geben, schlussfolgert Bencsik.

In einem Beitrag für 168 Óra macht István Szent-Iványi geltend, dass sich der Fidesz aufgrund der veränderten politischen Verhältnisse in Deutschland in einem EVP-internen Vakuum befunden habe. Die Divergenzen zwischen der Partei von Viktor Orbán und dem Mainstream seien seit Jahren offen zutage getreten, schreibt der ehemalige liberale Staatssekretär im ungarischen Außenministerium, doch hätten die deutschen Christdemokraten gezögert, den Fidesz aus dem internationalen Parteienverbund herauszuschmeißen. Angesichts der in den letzten zehn Jahren herrschenden schlechten Presse und den im Herbst bevorstehenden Bundestagswahlen hätten allerdings selbst die Verbündeten des ungarischen Ministerpräsidenten in der Christlich-Sozialen Union eine Verdammung Orbáns für angezeigt gehalten. Immerhin strebe ihr Vorsitzender Markus Söder das Amt des Bundeskanzlers an.
Szent-Iványi glaubt, dass Ministerpräsident Orbán einen Fehler gemacht habe, als er vor zwei Jahren nicht aus der EVP ausgetreten sei, nachdem viele Mitglieder ihre Parteienfamilie zu einem Ausschluss des Ungarn gedrängt hätten. Damals, vor den Wahlen zum Europaparlament, hätte er gute Aussichten zum Schmieden eines neuen Rechtsbündnisses im Europaparlament gehabt. Da alle wichtigen Positionen in den verschiedenen parlamentarischen Ausschüssen besetzt seien, wäre es problematisch, potenzielle Verbündete um ein Verlassen ihrer jeweiligen Fraktionen und zum Beitritt zu einer neuen zu bitten. Denn das würde einen Verlust sämtlicher Posten bedeuten, die ihnen eine Beeinflussung des Brüsseler Geschehens ermöglichen würden. Das nächste Mal würden diese Ende nächsten Jahres verteilt, und bis dahin werde der Fidesz im europaparlamentarischen Niemandsland existieren müssen, sagt Szent-Iványi voraus.

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