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Opposition rüstet sich für die Wahl im Frühjahr 2022

1. Mar. 2021

Angesichts der Tatsache, dass die Oppositionsparteien gegenwärtig zusammen etwas mehr als 50 Prozent der potenziellen Wählerstimmen auf sich vereinen können, machen sich Kommentatoren linksliberaler Wochenzeitungen Gedanken über die Siegeschancen 2022 sowie die möglichen Instrumente auf dem Weg dorthin.

Árpád W. Tóta begrüßt in einem Beitrag für Heti Világgazdaság die Entscheidung der heterogenen Kräfte innerhalb der Opposition, in sämtlichen 106 Wahlkreisen des Landes Vorwahlen abzuhalten. Ein Vorteil dieser Lösung bestehe darin, dass im Zuge der Vorwahlen Kandidaten mit verborgenen Mängeln im persönlichen oder beruflichen Umfeld aussortiert werden könnten. Tóta räumt ein, dass potentielle Oppositionskandidaten ihre Chancen beim eigentlichen Urnengang durch einen gegeneinander geführten Vorwahlkampf schmälern könnten. Andererseits würden diese Wahlkampfbotschaften in den Medien – einschließlich der regierungsfreundlichen – reflektiert, was schließlich das öffentliche Interesse und vielleicht sogar die Wahlbeteiligung selbst erhöhen dürfte. Auch der Umstand selbst, dass auf Seiten der Opposition die Wähler eine Auswahl treffen dürften, während die Kandidaten des Regierungslagers von den Parteizentralen ausgewählt würden, könnte sich als positive Botschaft entpuppen, glaubt Tóta.

György Pápai hält es nicht für zwingend notwendig, dass die Opposition in allen 106 Wahlkreisen Vorwahlen abhält. Mehr als die Hälfte davon, notiert er in Magyar Hang, seien Hochburgen entweder der Opposition oder der Regierenden. Wahlkreise mit wechselnden Ergebnissen existierten vielleicht nur 30 bis 40. Sie seien das eigentliche Schlachtfeld, wo der Ausgang der Wahl ausgefochten werde, betont Pápai. Deshalb rät er der Opposition, sie solle ihre Ressourcen auf diese konzentrieren, während sie in Wahlkreisen ohne reale Siegeschancen unabhängige Kandidaten in der Hoffnung unterstützen sollte, dass diese in einer ansonsten scheinbar aussichtslosen Schlacht für eine Überraschung sorgen mögen.

Der ehemalige linke Verfassungsrichter Imre Vörös rät der Opposition, dass sie im Falle eines Wahlsiegs im nächsten Jahr den bestehenden Verfassungsrahmen umgehen sollte. In Jelen beschreibt der Jurist die derzeitige Situation als undemokratisch und darauf ausgelegt, die Einparteienherrschaft zu verewigen – ein System, das das Grundgesetz selbst als verfassungswidrig definiert. Zur Begründung seiner These verweist er auf bestimmte Ämter und Gremien, die für die Führung des Landes unerlässlich, aber von der überwältigenden Fidesz-Parlamentsmehrheit mit eigenen Leuten besetzt worden seien.
So könnte der Haushaltsausschuss beispielsweise das Inkrafttreten eines neuen Etats verhindern, was es der neuen Regierung unmöglich machen würde, nach ihren Leitlinien zu regieren. Daher schlägt Vörös vor, dass das neue Parlament diese Hindernisse beseitigen sollte, indem es das System der Schlüssel-Gesetze abschafft, die aktuell lediglich mit einer parlamentarischen Zweidrittelmehrheit geändert werden könnten. Dazu sollte das Hohe Haus dem Verfassungsgericht das Recht entziehen, Gesetze zu kippen, denn seiner Einschätzung zufolge hat das Verfassungsgericht seine Aufgabe in dieser Hinsicht nicht erfüllt. Eine Änderung des Verfassungsgerichtsstatus erfordere zwar eine Zweidrittelmehrheit. Doch sei dieser Schritt unabdingbar, da es der neuen, von der Mehrheit des Volkes zu wählenden Regierung ansonsten nicht möglich wäre, ihr eigenes Programm zu verwirklichen, mahnt Vörös.

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