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Streit um die Perspektiven des Fidesz

30. Sep. 2021

Ein linker Politikwissenschaftler geht davon aus, dass die EU früher oder später Gelder Richtung Ungarn kürzen werde. Dann dürfte der Fidesz kollabieren, weil die Partei nichts mehr an ihre Bundesgenossen zu verteilen haben werde. Ein regierungsnaher Kommentator hält solche Spekulationen für Hirngespinste und bezeichnet sie als ideologisch motiviertes Wunschdenken.

Attila Ágh vertritt die Ansicht, dass der Fidesz nicht als eine politische Partei anzusehen sei, die auf bestimmten Werten gründe. Vielmehr handele es sich um eine Interessengruppe, die die Kontrolle über Macht und Geld in Ungarn anstrebe, behauptet der altgediente Politologe in der linken Tageszeitung Népszava.
Der Fidesz sichere sich Loyalität durch Klientelpolitik und mittels der Schaffung eines informellen oligarchisch-politischen und wirtschaftlichen Umfeldes. Die Macht des Fidesz dürfte nach den Wahlen vom April 2022 bald schwinden, da er die Kontrolle über die EU-Gelder verliere. Seine „modernisierte Diktatur“ werde dann ein Ende finden.
Aber selbst falls der Fidesz siegreich sein sollte, sei es unwahrscheinlich, dass die EU dessen „autokratische Zombie-Demokratie“ weiter finanzieren werde. Sollte die EU beschließen, Ungarn noch vor der Wahl zu bestrafen, könnte der Fidesz-Apparat noch schneller erodieren, spekuliert Ágh.

György Pilhál von Magyar Nemzet hält Ághs Gedankenspiele für absurd und unfundiert. Der regierungsnahe Kommentator erinnert daran, dass Ágh schon unter dem Kádár-Regime ein angesehener marxistischer Politologe gewesen sei, der seit 2010 beständig den baldigen Sturz des Fidesz prognostiziere. Vor diesem Hintergrund warnt Pilhál davor, die Spekulationen Ághs ernst zu nehmen.

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