Wochenpresse zum Eucharistischen Kongress
13. Sep. 2021Die Wochenzeitungen und -magazine gingen bereits deutlich vor dem Ende des 52. internationalen Eucharistischen Kongresses am Sonntag in Druck. In ihren Kommentaren werfen oppositionsnahe Autoren der Regierung einen Missbrauch der Religion für politische Zwecke vor. Sie stellen der Führung des Landes Papst Franziskus gegenüber, den sie als authentischen Gläubigen bezeichnen. Ein regierungsnaher Analyst hält diese Kritik für unredlich.
In Magyar Narancs verurteilt Tibor Monostori die Katholische Kirche Ungarns, weil sie die Politik der Regierung selbst dann unterstütze, wenn sie im Widerspruch zu den Grundsätzen des Vatikans stehe – wie beispielsweise während der Migrationskrise 2015/16. Er habe gedacht, dass der Eucharistische Weltkongress eine einzigartige Gelegenheit für die Katholiken sein werde, ihre Sünden zu bekennen und sich den ursprünglichen Lehren Jesu anzunähern. Ohne dies wirklich zu erwarten habe er geglaubt, dass die Veranstaltungen des Eucharistischen Kongresses auch für Nicht-Gläubige eine reinigende Wirkung haben könnten, notiert Monostori.
Zoltán Kovács fragt sich, warum sich wohl einer seiner konservativen Kollegen über das geringe Interesse der Ungarn an den Veranstaltungen des Eucharistischen Kongresses beschwert habe. Nach Ansicht des Chefredakteurs von Élet és Irodalom kümmern sich die Kirchenführer nur wenig um die Nöte der Ärmsten. Stattdessen befänden sie sich in zu großer Nähe zu den Regierenden. Wären sie näher am Papst, der seine Kirche in den Dienst der Armen stellen wolle, so Kovács, würden die Menschen mehr Interesse an katholischen Veranstaltungen zeigen.
Auch der liberale Philosoph György Gábor, ein entschiedener Kritiker der Regierung, lobt Papst Franziskus – und zwar, weil der Pontifex den Populismus ablehne. In Heti Világgazdaság begrüßt er die Verurteilung des „Stammeskatholizismus“ durch Franziskus und behauptet, Ministerpräsident Orbán vertrete genau die Art von Tribalismus, den der Papst verabscheue: den Souveränismus. „Es wird für den Papst ein gewaltiges Opfer sein, eine halbe Stunde mit dem Stammeshäuptling zu verbringen“, notiert Gábor einige Tage vor dem Treffen des Papstes mit dem ungarischen Regierungschef am Sonntag und fügt ironisch hinzu: Danach werde Franziskus „drei Tage zur Erholung in der glücklichen Slowakei“ verweilen.
Auf Mandiner erinnert Dániel Kacsoh daran, dass das Konzept Eucharistischer Kongresse auf das späte 19. Jahrhundert zurückzuführen sei, als sich die Katholische Kirche einem heftigen Widerstand seitens des Staates gegenübergesehen habe. Heutzutage seien die Christen ganz anderen Bedrohungen ausgesetzt, da die einflussreichsten Ideologien in der westlichen Welt anstelle der Gemeinschaften das Individuum in den Mittelpunkt ihrer Weltanschauung stellen würden. Die neuen Götter hießen Menschenrechte, Umweltschutz oder auch Gender-Ideologie. Dahinter jedoch stünden die materiellen Güter, die als Schlüssel zum Glück gelten würden.
Infolgedessen kritisierten oppositionelle Stimmen den Eucharistischen Kongress aufgrund seiner Kosten. Oder sie ermächtigten sich der Figur von Papst Franziskus, um die Regierung zu kritisieren. Atheisten, so schließt Kacsoh, hätten die seltsame Angewohnheit, sich über die Misere der Kirche zu beklagen. Und sie schreckten nicht davor zurück, in diesem Sinne ein paar aus dem ursprünglichen Kontext gerissene Sätze anzubringen.