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Budapester Straße nach Gyula Horn benannt

15. Jun. 2022

Rechte und liberale Kommentatoren kritisieren unisono den Beschluss des Budapester Stadtrats, eine Straße nach dem ehemaligen sozialistischen Ministerpräsidenten Gyula Horn zu benennen. Sie lehnen diese Entscheidung aufgrund der Vergangenheit Horns als Mitglied der nach dem Volksaufstand 1956 gegründeten kommunistischen Miliz ab.

Am Mittwoch vergangener Woche beschloss der Budapester Stadtrat, eine Straße nahe einer Statue des ehemaligen Spitzenpolitikers in „Gyula Horn Promenade“ umzubenennen. Das Denkmal war 2014, ein Jahr nach dem Tod des zwischen 1994 und 1998 amtierenden Ministerpräsidenten, in einem kleinen Park des XIII. Budapester Stadtbezirks errichtet worden – auch er trägt künftig Horns Namen. Fidesz-Mitglieder protestierten gegen den Beschluss und beriefen sich dabei auf eine rechtliche Bestimmung, der zufolge öffentliche Bereiche nicht nach Persönlichkeiten benannt werden dürfen, die an der Etablierung oder Aufrechterhaltung eines totalitären Regimes des 20. Jahrhunderts beteiligt waren.

László Szentesi Zöldi bezeichnet in einem Kommentar für Magyar Nemzet die Vergangenheit Horns als perfektes Beispiel für eine Persönlichkeit, deren Name gerade nicht auf Straßenschildern auftauchen sollte. Zur Begründung verweist er auf Horns Beteiligung an der Niederschlagung der Revolution von 1956, bevor er jahrzehntelang als kommunistischer Parteifunktionär tätig gewesen sei. Der regierungsnahe Kolumnist listet eine Reihe bedeutender und weit weniger umstrittener historischer Persönlichkeiten auf, nach denen nach wie vor keine Straße benannt sei. Nach dem vierten Wahlsieg in Folge für die Rechte wäre es an der Zeit, „solche linken Übergriffe nicht mehr zuzulassen“, glaubt Szentesi Zöldi.

Auf dem Internetportal des Wochenmagazins Heti Világgazdaság weist Sándor Révész eine Erklärung des Budapester Oberbürgermeisters zurück. Gergely Karácsony hatte geäußert, dass „gebeichtete Sünden verziehen werden können”. Gyula Horn habe aber seine Sünden nie zugegeben, erinnert Révész. Im Gegenteil, er habe immer auf der Seite der Rechtsordnung gestanden. Der Kolumnist lobt Horn als den Ministerpräsidenten, während dessen Amtszeit von 1994 bis 1998 sich Ungarn am schnellsten der westlichen Welt angenähert habe. Dennoch bleibe er eine umstrittene Figur und die Benennung einer Straße nach ihm sei ein spaltender Vorgang. Außerdem vertritt der liberale Autor die Auffassung, dass keine Straßen oder Plätze die Namen von Politikern tragen sollten, da sie in der heutigen Welt alle spaltend wirken würden.

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