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Wochenpresse zur Inflation und Forint-Schwäche

18. Jul. 2022

Die Wochenmagazine aus dem gesamten politischen Spektrum befassen sich mit den Ursachen und den möglichen Antworten auf galoppierende Inflation sowie die schwindsüchtige Landeswährung.

In einem Artikel für Magyar Demokrata erklärt Sándor Szarka die massive Schwächung des Forint mit dem Druck der Europäischen Union auf Ungarn sowie der Spekulation gegen die einheimische Währung. Szarka erinnert daran, dass der Forint in der vergangenen Woche gegenüber dem Euro auf 416 und damit auf einen historischen Tiefstand gefallen sei. Dabei habe er noch im März bei 360 Forint gelegen und somit viel deutlicher an Wert verloren als alle anderen Währungen der Region.
Der Krieg in der Ukraine sowie die Energiekrise seien daher keine vollständige Erklärung für die Forint-Krise, so Szarka. Das feindselige Verhalten der Europäischen Union und die „ökonomische Schlacht“ würden Spekulanten ermutigen, gegen den Forint zu wetten. (Mit „ökonomischer Schlacht“ meint der Autor die Vertragsverletzungsverfahren gegen Ungarn samt der Aussetzung von EU-Finanztransfers – Anm. d. Red.) Szarka zeigt sich jedoch zuversichtlich, dass sich der Forint nach verschiedenen Gesten der ungarischen Regierung stabilisieren werde – Gesten, mit denen Budapest seine Bereitschaft signalisiere, die Bedingungen der Union für den Zugang zu EU-Finanzmitteln zu erfüllen.

Nach Ansicht von Heti Világgazdaság könnte Ungarn bald eine Krise ins Haus stehen, die der südamerikanischen oder türkischen Währungs- und Inflationskrise ähnele, sollte die Regierung nicht eine Kehrtwende vollziehen. Das liberale Wochenmagazin kritisiert die Wirtschaftspolitik des Kabinetts von Viktor Orbán und das Beharren der Nationalbank auf niedrigen Steuern. Hohe Staatsausgaben und eine lockere Geldpolitik hätten die Inflation angeheizt und den Forint geschwächt. Heti Világgazdaság räumt zwar ein, dass die Regierung enorme Ausgabenkürzungen angekündigt habe, aber gleichzeitig viel mehr für Kommunikation, Militär und Sport ausgeben werde. Alles in allem sind die Redakteure wenig zuversichtlich: Die Regierung werde ungeachtet der starken Inflation und der Forint-Schwäche ihren wirtschaftspolitischen Kurs kaum ändern.

In einem Interview mit Magyar Hang hält es der Wirtschaftswissenschaftler András Inotai für durchaus wahrscheinlich, dass die jüngsten Restriktionen und Steuererhöhungen der Regierung (siehe BudaPost vom 14. Juli) die Inflation weiter anheizen werden. Laut Inotai deutet der Regierungsbeschluss, den Zugang zu subventionierter Energie für Privathaushalte zu begrenzen, auf ein angesichts fehlender EU-Gelder total ruiniertes Staatsbudget hin. Der Experte vermutet, dass sich die angekündigten Sparmaßnahmen sehr bald negativ auf die Popularität der Regierung auswirken könnten. Allerdings werde sich die Regierung wie lateinamerikanische autoritäre Regime verhalten, um an der Macht zu bleiben, auch wenn die öffentliche Unterstützung schwinden sollte.

Die Ausgabenwut der Regierung vor den Parlamentswahlen im April sei für die rasante Inflation verantwortlich, notiert István Tömpe. In einem Artikel von Élet és Irodalom räumt der liberale Kolumnist ein, dass auch externe Faktoren zu der massiven Geldentwertung beitragen würden. Allerdings sieht er die Hauptursache für die explodierenden Preise in der lockeren Finanz- und Geldpolitik von Regierung und Nationalbank. Da Ungarns Zugang zu EU-Mitteln einstweilen auf Eis gelegt sei, gingen der Regierung die Mittel aus, und sowohl ungarische Familien als auch von Preiskontrollen betroffene Unternehmen stünden vor großen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, analysiert Tömpe. Ein sich in absehbarer Zeit vollziehendes Aufschließen Ungarns zu Westeuropa sei unwahrscheinlich. Der Autor hält es für traurig, dass die Opposition die Gelegenheit nicht nutzen könne und statt starke und überzeugende Botschaften an die Wähler auszusenden, sich wechselseitig bekämpfe und versuche, die Wohlfahrtsversprechungen der Regierung noch zu überbieten.

Die Inflationsrate werde bei einer Abschaffung der Preisobergrenzen weiter steigen, sagt Géza Sebestény voraus. Auf Mandiner vertritt der Analyst der regierungsnahen Denkfabrik Matthias Corvinus Collegium die Auffassung, dass der Anstieg der Inflationsrate nach Aufhebung der Preiskontrollen ein klarer Beweis dafür sei, dass Preisbeschränkungen, insbesondere diejenigen für Kraftstoffe, während ihrer Gültigkeit den ungarischen Familien eine wichtige Hilfe seien. Damit würden Kritiker widerlegt, die von ihrer Nutzlosigkeit ausgingen.

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